Der besondere Akzent

Zugegeben: Die Flitsch, wie der Rheinländer die Mandoline nennt, taucht im Kölner Karneval häufig auf. Aber so, wie Hans Süper mit dem Instrument umging, konnte und kann ihm keiner das Wasser reichen. War er für die einen vor allem der verrückte Spaßmacher des Colonia Duetts, schaute unsereins besonders genau auf die Fingerchen der linken Hand, immer verbunden mit der Frage: Was macht der da eigentlich? Darauf gibt auch das Buch Hans Süper: Mein Leben mit der Flitsch keine Antwort. Damit war aber auch nicht zu rechnen. Geschrieben von Helmut Frangenberg, Redakteur beim Kölner Stadt-Anzeiger, ist das Buch in erster Linie fürs regionale Publikum gedacht – alle anderen könnten Schwierigkeiten haben, das geschriebene Kölsch zu verstehen. Und davon gibt es reichlich, denn Hans Süper redet nunmal meistens Kölsch.

Mitte März ist er 75 Jahre alt geworden, und das Buch rollt dieses Leben auf: von den Kinderjahren im Krieg, der harten Nachkriegszeit in Köln, Süpers Leben als Tanzmusiker und Stromzählerableser und schließlich seine Karriere im Karneval, der ihn berühmt gemacht hat. Gemessen am Titel, wäre insgesamt vielleicht doch mehr Flitsch angemessen gewesen. Aber es gibt dennoch einige Anekdoten und Fotos, in und auf denen die Mando eine wichtige Rolle spielt. So etwa die Geschichte, als Süpers Vater aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurückkam und zweierlei Instrumente im Gepäck hatte: eine aus einer Apfelsinenkiste gebaute Mandriola und eine Mandoline von Gibson! Letztere landete leider zügig auf dem Schwarzmarkt, während Süper auf der Mandriola seine ersten musikalischen Gehversuche machte. Das dauerte allerdings nur bis zu seiner Kommunion – dann setzte sich ein Gast während der Feier nämlich drauf, das Instrument war hin. Aber Süper war der Mandoline verfallen. Als er dann Geige lernen sollte, wollte ihn ein Lehrer kostenlos unterrichten, unter einer Bedingung: Er muss das Mandoline spielen sein lassen. Süper dachte gar nicht daran, schwänzte den Unterricht und versteckte die Geige im Keller.

Das Verhältnis zu seinem Vater, ebenfalls ein berühmter Karnevalist, blieb zeitlebens schwierig. In den 50ern und 60ern stand Hans Süper mit einer E-Mandoline von Fender (Sam Bush spielt seine ja auch gelegentlich) auf der Bühne, schloss sie an ein Röhrenradio an und spielte Tanz- und Beatmusik – auf dem schönsten Foto des Buchs dokumentiert. Verraten wird auch das Geheimnis des Süper-Saitensatzes: Er zog statt der normalen A- und E-Saiten G- und D-Saiten auf, stimmte die aber wieder den Ganzton hoch. Dadurch klingt das ein bisschen voller, begründet Süper. Was vielleicht angesichts der nicht so ganz hohen Qualität seiner Instrumente auch notwendig gewesen sein mag … Aber man kann´s ja auch mal so probieren.

Sie taucht im Buch also immer mal wieder auf, die Flitsch. Aber Vorsicht, mandolinenbegeisterte Interessenten: Es geht auf den gut 100 Seiten nicht in erster Linie um Musik. Es geht um den Menschen und Clown Hans Süper, um Karneval und Colonia Duett, um die dunkle Seite des Geschäfts und der Persönlichkeit Süpers, aber auch die schönen Spielarten des kölschen Brauchtums. Und der Musiker Süper? Er stellt sein Licht unter den Scheffel, während Profis wie der Gastdirigent der WDR-Bigband, Mike Herting, nicht müde werden ihn zu loben. Man kann Autor Frangenberg nur zustimmen, wenn er schreibt: Mit Musik ging Hans Süper genauso um wie mit Sprache. So wie er in den Dialogen des Colonia Duetts verzögerte und wartete, bis er einen Witz platzierte, spielte er auch die Mandoline. Er fand immer den richtigen Zeitpunkt für den besonderen Akzent.


Helmut Frangenberg
Hans Süper
Mein Leben mit der Flitsch
KiWi Köln, 17,99 €
inkl. CD mit knapp 30 Minuten Laufzeit
ISBN: 978-3-462-03829-3

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