Drecksgeräte und Junkie-Käufer

Jürgen Egger muss ein ziemlich bunter Hund gewesen sein: unangepasst, durchsetzungsfähig, witzig, übermütig, vielleicht auch mal ein bisschen stur. Der 1959 in Bamberg geborene Egger war so manches, Drehbuchautor, Regisseur, Journalist, Whisky-Kenner, Musikliebhaber. Beim Film startete er gemeinsam mit Sönke Wortmann in „Kleine Haie“ durch, arbeitete am Buch zu den „Comedian Harmonists“ mit, wirkte als Dialog-Coach beim „Wixxer“ und führte Regie bei seinem eigenen Film „Harald“. Seine Affinität zur Musik führte ihn wohl zum Thema HiFi, und das geht eigentlich jeden an, der gern Musik hört und sie nicht nur selbst produziert. Jürgen Egger schrieb für „Hifi Exklusiv“, in der es in erster Linie um „High End“ ging. Da war er aber irgendwie falsch – oder auch nicht. Denn den üblichen HiFi-Journalismus fand er „steindumm“, kritisierte stattdessen deutlich, wenn ihm an Geräten was nicht passte. Und das gefällt den Herstellern und damit Inserenten von HiFi-Zeitschriften gar nicht. Und das wiederum den Verlagen nicht.

Also ließ er HiFi Exklusiv (HEX) hinter sich, um später allerdings eine Kolumne zu schreiben bei „image hifi“, eine Art Nachfolger von HEX – worin er geniale Brücken schlug zwischen Alltag und Musikhören. Vielleicht erscheinen seine Kolumnen ja mal gesammelt, das wäre schön. Denn Egger schrieb beispielsweise so etwas:

„Es gibt ein Restaurant am Rande des Universums. Eigentlich ist es kein Restaurant, sondern eine üble, stinkende Kaschemme, in der ausschließlich fettige, dunkle Batzen mit einer glibberigen, hellen Sättigungsbeilage serviert werden. Immer das gleiche. Jeden Tag. Und zum Trinken gibt es nur warme Cherry Coke. In dieses Restaurant am Rande des Universums werden alle Highender eingesperrt, die in ihrem irdischen Leben gesündigt haben. Man trifft dort Leute, die ein oder mehrere Male Leistungen von Endstufen in Pferdestärken angegeben haben, die mit Kabel-, Spray- oder Gerätebasen-Voodoo ein Vermögen gemacht haben, die ihre windig zusammengeschusterten Dreckslautsprecher für ein Schweinegeld an die von der Fachpresse verdummten Junkie-Käufer verdealt haben.
Der eine oder andere HiFi-Journalist sitzt übrigens auch dort herum. In diesem Restaurant läuft den lieben langen Tag Chris de Burgh von Mini-Disc über eine permanent clippende Vor-/Endverstärkerkombi und Sechsweg-Boxen mit kaputten Mitteltönern. So habe ich es einmal in einer unruhigen Messenacht geträumt. Ich weiß nicht, wieviel Wahrheit in diesem Traum steckt. Aber es ist eine ungemein beruhigende Perspektive.“

Am 1. Juli 2009 ist Jürgen Egger gestorben. Ein Nachruf findet sich bei image hifi. Und dort lässt sich auch ein pdf des „Schlüsselloch-Reports“ herunterladen – in dem Egger erklärt, wie man zum Whisky-Connaisseur wird. Cheers.

Ein Gedanke zu „Drecksgeräte und Junkie-Käufer

  1. Pingback: Der Blue Chips letzter Schluss « Doppelstopp

Hinterlasse einen Kommentar