Kann Spargel Töne machen?

Also wenn nichts mehr schiefgeht, schreiben wir am Montag den 1. März. Und wenn uns der März schlägt, ist auch die Spargelsaison nicht mehr fern. Wie um Himmels willen komme ich jetzt da drauf? Ach ja: Weil es beim Spargel als negativ empfunden wird, wenn er holzig ist. Das aber gerade gilt als ein Qualitätsmerkmal guter Mandolinen – das Holzige. Wenn Dir, lieber Laie, also mal jemand sagt: „Die Mando klingt holzig“, dann ist das ein Lob! Wie kann man diesen Ton beschreiben? Holzig, tja, das klingt wie … wie … wie … wie wenn man in einen leeren Sack Torf hineinschreit! Oder wie … wie … wie … das Rumpeln einer Kartoffelkiste, in die ein Kohlkopf fällt, oder vielleicht doch mehr wie ein … wie ein … wie ein aufgesägter Kontrabass, in dem ein totes Kaninchen liegt. Ach, ich weiß es doch auch nicht. Akustische Phänomene lassen sich so schwer beschreiben. Was jedenfalls nicht holzig klingt, sind die bei Ebay erhältlichen Billig-Mandolinen. Könnte man eigentlich aus vielen holzigen Spargeln eine holzig klingende Spargelmandoline bauen? Die außerdem noch diesen Erotik-Faktor hat? Nee, man soll am Wochenende wirklich nicht bloggen, die Phantasie geht mit einem durch.

sssssisss wieda hicks! englischschs Bluegrsss

Die Toy Hearts, die Coal Porters – das sind natürlich nicht alle Bluegrass-Bands, die in England unterwegs sind. Dazu gehören auch die Thunderbridge Bluegrass Boys aus Wellington, Somerset. Sah sie im vergangenen Mai auf dem EWOB-Festival in Holland: die typisch britische Variante, hart und herzlich, weniger virtuos, aber guter dreistimmiger Gesang. Und mit diesem Klassiker von Flatt & Scruggs ziehen sie uns mitsingend hinein ins Wochenende: „Hot Corn, Cold Corn“ – zu deutsch sicher: heißer Schnaps, kalter Schnaps – könnte zum Wetter passen. Schon wieder Schnee angesagt hier, da ist heißer Alkohol wahrscheinlich das perfekte Betäubungsmittel.

Entspannt bleiben

Haustiere gelten allgemein als Helfer zu psychischer Gesundheit. Doch verträgt sich das Halten von Tieren in der Wohnung mit dem offen gezeigten Besitz wertvoller Instrumente? Das Foto unten lässt uns zweifeln und ruft nach starken Nerven. Es scheint sich um eine recht alte Mando zu handeln, deutlich älter zumindest als die sie umgebenden Katzen. Von denen müsste sich eine nur noch mal schön räkeln, und das Teil prallte auf den Fliesenboden und dann: Gute Nacht! Vielleicht fühlen sich die Tiere in der Nähe des Instruments aber auch besonders wohl und würden ihm nie etwas zuleide tun. Ein Schäfer aus unserem Nachbardorf, dessen blökende Meute schonmal durch Privatgärten trampelte, pflegte dann immer zu sagen: „Da wo die Schafe hingehen, wohnen gute Menschen.“ Was will man darauf noch schimpfen? Und vielleicht lässt es sich auf die Mando übertragen. Andererseits weiß ich auch von mindestens einer Katze, die gern während Bandproben ins  Kontrabass-Gigbag kletterte und sich dort zur Ruhe begab. Bekloppte Viecher!


Foto: Mandolin Café

Dreck fressen vorm Wettkampf

Nicht, dass ich jetzt der große Wintersport-Fan wäre und wegen der laufenden Olympischen Spiele übermüdet am Morgen ins Büro ginge. Aber eines hat mich doch wachgerüttelt: Da nennt tatsächlich der US-Biathlet Lowell Bailey auf die Frage, welche zehn Songs er gern vorm Wettkampf hören würde, unter anderen David Grismans „E.M.D.“ (Eat My Dust), jenen Klassiker des Grisman-Quintetts von – ich glaube – 1975. Was für ein Sportler! Außerdem stehen auf seiner Liste Künstler wie Radiohead, Steely Dan und Herbie Hancock. So. Jetzt wüsste ich mal gern, was so ein deutscher Spitzenbiathlet auf eine derartige Liste setzen würde … Aber dafür laufen die wahrscheinlich auch schneller und schießen schärfer. Alles kann man mal wieder nicht haben.

Improvisieren mit dänischer Hilfe

Vor vielen Monden begann ein in Schwaben lebender Däne damit, ein Buch zu erdenken, das sich um Bluegrass-Improvisation auf der Mandoline drehen sollte. Nun, da wiederum eine Frankfurter Musikmesse naht, sieht es so aus, als sollte eben dieses Buch Ende Februar erscheinen, und zwar unter dem Titel: „The Mandolin Picker’s Guide to Bluegrass Improvisation“. Autor Jesper Rübner-Petersen dürften in Deutschland und Benelux viele Mandolinista von seinen Workshops kennen – oder sie haben ihn mal im Kontext des „Trio Vibracao“ erlebt. Dort spielt er allerdings fast keinen Bluegrass. Sein Buch beschränkt sich hingegen tatsächlich auf das Improvisieren in diesem Genre. Das rund 200 Seiten starke Werk könnte genau das sein, wonach jene immer gesucht haben, die das Nachspielen von Fiddle-Tunes leid sind und sich eine Anleitung und Inspiration wünschen, was das freie Spiel angeht. Geplant ist, dem Buch eine MP3-CD beizulegen, möglicherweise ergänzt um Beispiele per Web. Um nicht zu viele unnütze Worte machen zu müssen, folgt hier gleich das Inhaltsverzeichnis des bei Mel Bay erscheinenden Bands. Und natürlich werden wir uns hier noch ausführlicher damit befassen, wenn der Guide denn dann erschienen ist. Bestellungen nimmt Jesper aber jetzt schon entgegen – siehe seine Adresse unter den „Mando-Spielern in D“.

Draufklicken, dann wird´s groß.

Meistermund tut kund

Von Mike Marshall möchten viele Leute gern was wissen. Sogar solche, die selbst nicht unerhebliche Mandolinen-Cracks sind – wie Don Stiernberg oder Ted Eschliman. Da hilft das riesengroße aktuelle Mike-Marshall-Interview im Mandolin Café weiter. Wenig Relevantes, dass da nicht wenigstens gestreift wird. Eins der großen Themen: die vielen Bastelarbeiten, die Mikes Loar im Laufe der Jahre erfahren hat. Sammlern treibt das wahrscheinlich heftigsten Grusel in die Brust. Zu den vielen interessanten Dingen aus Meistermund kommen allerhand Fotos, die teilweise aus Mikes Kindheit und Jugend stammen: sehr amüsant. Natürlich fehlen auch die üblichen Angaben zum Equipment nicht. Jede Menge Lesestoff also. Und Ausschnitte aus Mikes Duo-CD mit Caterina Lichtenberg gibt´s noch obendrauf.

Ventile auf! für Blechmandoline

Am vergangenen Freitag im Kölner Kulturteil der „Kölnischen Rundschau“ fiel mir die Überschrift sofort ins Auge: „Mandoline aus reinem Blech“. Verdammte Schlitzaugen, hab ich nur gedacht, was habt Ihr da jetzt wieder am Start?! Eine komplett neue Monster-Mando? Die Unterzeile rückte aber alles wieder ins beruhigende Licht: „Ensemble German Brass in der Philharmonie“. Die werden ja wohl kaum eine Mandoline in der Kapelle haben, schätzte ich – völlig zu Recht. Die Aufklärung kam aber erst mit dem letzten Absatz des Artikels, der hier zitiert sei:

Fürs italienische Fach hat German Brass die „Ventilmandoline“ erfunden: Zwei Trompeter blasen von oben in den Schalltrichter einer Tuba, deren Ventile vom Tubisten so schnell wie möglich gedrückt werden. Das Ergebnis klingt erstaunlich nach Mandoline, und wenn man dann noch ein verzücktes Gesicht dazu macht, ist der Erfolg beim Publikum garantiert.

Also erstens finde ich es ziemlich aufwändig, dass man drei Musiker benötigt, um den Klang einer Mando zu imitieren. Und zweitens frage ich mich, was das mit dem „verzückten Gesicht“ auf sich hat. Vielleicht liegt hier die Erklärung, warum mir bisher keine Weltkarriere gelungen ist – ich muss bei den Soli dämlich lächeln. Bleibt mir bloß weg mit Blechbläsern.

Von zwei Seiten des Teichs

Gestern ging mir das Thema noch mal durch den Kopf: dieser Unterschied zwischen amerikanischem und englischem Bluegrass. Und das Thema erinnerte mich an das britische Blues-Revival in den 1960er-Jahren und die Rhythm ’n‘ Blueser in den Siebzigern. Ich werde das Gefühl nicht los, wir Deutschen bemühen uns in erster Linie, das amerikanische Vorbild genau zu kopieren. Die Engländer scheinen den Originalstoff tief zu inhalieren und dann verwandelt wieder auszuatmen – angefüllt mit ihrem Geist, der manches etwas sperriger und kantiger, aber teilweise auch poppiger macht. Möglicherweise versuchen sie sich aber ebenfalls an einer genauen Kopie, versagen dabei jedoch und haben so unbeabsichtigt was Neues erschaffen.

Vielleicht schreibe ich das aber auch nur, um eine Begründung zu finden, hier mal die guten alten „Dr. Feelgood“ mit dem 1994 verstorbenen Sänger Lee Brilleaux zu feiern – und in Vergleich zu setzen mit einem US-Vorbild. Dr. Feelgood spielten diesen zackigen Rhythm ’n‘ Blues, der sich auch im Zuge von Punk und New Wave gut machte. Dabei stammt der Ausschnitt von „Roxette“ hier unten schon von 1975! Und ihnen zur Seite setze ich mal klein-Walter, pardon: Little Walter, die Blues-Harp-Legende, die zu viel soff und sich zu oft prügelte und deshalb früh das Zeitliche segnete. Ich finde, das ist eine schöne Paarung zum Wochenende.

Neulich in Durango

In Deutschland wird es noch bis zum 12. März dauern, ehe die neue CD der „Coal Porters“ veröffentlicht wird. Sie heißt, wie auch ein klassischer Western heißen könnte: „Durango“. Genau dort, im US-Bundesstaat Colorado, wurde das Album auch aufgenommen, und zwar von Ed Stasium, der bereits mit Leuten wie Mick Jagger und den „Ramones“ gearbeitet hat – und mit den „Long Ryders“, denen bekanntlich Sid Griffin seinen Namen verdankt. Bereits Mitte der 90er-Jahre gründete er die Porters, damals noch in Los Angeles beheimatet. Gegen Ende des Jahrzehnts zog er aber nach England um, und dort entwickelte sich die Band, so wie sie heute zusammen spielt. In der Musik lebt viel britischer Popgeist, sodass es sich nicht um eine klassische Bluegrass-Band handelt. Aber ich hab ja eine Schwäche für das leicht Rotzige und Hingeworfene englischer Künstler dieses Metiers.

Eigen- und Fremdkompositionen halten sich auf Durango die Waage. Sid Griffin steuert mit dem Liebeslied „I´m Not Going Away“ und dem lässigen „Looking For A Soft Place To Fall“ mindestens zwei schöne Songs bei. Von Banjo-Spieler Dick Smith stammt das Tempo-Stück „Roadkill Breakdown“, auf dem Gastmusiker Tim O’Brien eines seiner atemberaubenden Mandolinen-Soli hinlegt (auf der MySpace-Seite der Porters zu hören). Prominente Unterstützung gibt´s auch auf Peter Rowans „Moonlight Midnight“, und zwar vom Autor selbst. Fehlte noch, dass Neil Young bei „Like A Hurricane“ Background gesungen hätte – aber für diese Version des Klassikers waren die Kohlenträger auf sich selbst angewiesen. Mithin ist Durango wie der Vorgänger „Turn The Water On, Boy“ ein munterer Mix verschiedener Stile, ein atlantikübergreifendes Stück Musik – eher weniger mit der amerikanischen Virtuosität des Bluegrass, dafür mit der britischen Kraft eines Songs. Wobei sich etwa die neue Fiddle-Frau Carly Frey wahrhaftig nicht verstecken muss, weder instrumental noch gesanglich.

Siegreiche Krähe

Vergangene Nacht war nicht nur Schneechaos-Nacht, sondern auch Grammy-Nacht. Und wie jedes Jahr gab´s die Musik-Oscars auch für Produktionen aus dem Americana-Bereich. Gleich mal als erstes die Kategorie: bestes Bluegrass-Album. Gewonnen hat Steve Martin mit seiner CD „The Crow. New Songs For The 5-String Banjo“. Jetzt fehlt ihm nur noch ein Film-Oscar! Dann hat der vormalige „The Band“-Schlagzeuger Levon Helm einen Grammy der Abteilung „Best Americana Album“ abgesahnt für „Electric Dirt“ – und damit weitere Nominierte wie Bob Dylan und Wilco hinter sich gelassen. Ist auch tatsächlich eine schöne, stilistisch sehr vielfältige CD von Herrn Helm, der ja der Mandoline sehr zugetan ist.

Weitere Grammys gingen an: den guten alten Ramblin‘ Jack Elliott für „A Stranger Here“ („Best Traditional Blues Album“); den guten alten Loudon Wainwright III. für „High Wide & Handsome: The Charlie Poole Project“ („Best Traditional Folk Album“); Steve Earle für „Townes“ („Best Contemporary Folk Album“); „The Complete Chess Masters“ („Best Historical Album“). Unsere Freundinnen Alison Brown und Sarah Jarosz, die in der Kategorie „Best Country Instrumental Performance“ nominiert waren, gingen leider leer aus.

Die Zeremonie fand statt in Los Angeles, wo man glaube ich niemandem erzählen muss, dass hier gerade Schnee auf Lastwagen verladen und weggefahren wird – er wird es nicht verstehen. Groteske Welt.

Krähe am Banjo!