Avi kommt solo

Kleiner Ausflug in die Klassik: Avi Avital gehört zu den besten Mandolinisten der Welt. Seine klassische Ausbildung hindert ihn nicht daran, auch andere Musikstile zu spielen, von Klezmer bis Weltmusik. Häufig tritt er in der Band Giora Feidmans auf, oft mit Orchester. Seltener sind dagegen seine Soloauftritte. Deswegen kann man sich solche Termine wie den am 10. September in Siegburg rot im Kalender anstreichen. Dann wird der Musiker im dortigen Stadtmuseum auftreten. Ein weiterer Soloauftritt von ihm ist für Deutschland in diesem Jahr bislang nicht geplant. Avi Avital lebt – wenn er nicht gerade in New York weilt, um in der Carnegie Hall aufzutreten – in seiner Wahlheimat Berlin. 2010 war er als erster Mandolinenspieler überhaupt für einen Grammy nominiert, in der Kategorie „Best Instrumental Soloist“.

Avi mit Arbeitsgerät

Der Club der 27er

Freunde, Leser, Mandolinenspieler! Was bin ich froh, mein 27. Lebensjahr überstanden zu haben. Und damals nicht groß im Rockbusiness tätig gewesen zu sein. Jim Morrison, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Kurt Cobain – niemand von ihnen kam über die 27 hinaus. Und jetzt kommt Amy Winehouse dazu, obwohl die ansonsten nicht in diese Reihe passt. Vielleicht wird aus ihr im Nachhinein eine Legende gestrickt, möglich. Erstmal war sie aber eine Sängerin mit bemerkenswerter Stimme, die mit Leben und Erfolgsdruck nicht fertig geworden ist. Im Grunde war sie seit Jahren nur noch Gegenstand von Spott und Hohn. Ob das jemand verdient hat? Ihr Tod jedenfalls wird auch im Mandolin Café betrauert, aus unterschiedlichen Gründen. Wir sind darüber hinaus verdammt froh, dass Christopher Scott Thile dieses Jahr im Februar schon 30 geworden ist, das gefährliche Jahr also überstanden hat. Und wir uns hoffentlich noch auf viel Musik von ihm und den Punch Brothers freuen dürfen. And Chris: beware of Soul!


Winehouse on mandolin? Fehlanzeige. Nehmt dies!

Rose steht auf Mandoline

Es war auf keinen Fall das erste Mal, dass ich den Film The Rose mit Bette Middler gesehen habe. Doch als der Streifen gestern abend nochmal auf arte lief, ist mir die Szene mit der Bluegrass-Band das erste Mal aufgefallen, der Band des fiktiven Songschreibers Billy Ray. Obwohl es doch die Schlüsselszene des Films ist: Ray verbietet Rose, nochmal einen Song von ihm aufzunehmen – darauf rastet sie aus und büxt aus. Vorher hat sie allerdings noch den hübschen jungen Mann mit der Mandoline heftigst angemacht, nicht wissend, dass es sich um Billy Rays Sohn handelte, was dem Vater zusätzlich missfiel. Und so besitzen die Mando und ihr Spieler eine gewisse Bedeutung in diesem Musikfilm-Klassiker aus dem Jahr 1979. Naja, wir übertreiben mal wieder hier. Und trotzdem, räbäbäää: Der Film besteht nicht nur aus Rockmusik-Instrumentarium.

Die neue Reihe der Ostmänner

Die Firma Eastman kann´s jetzt noch günstiger als bisher: Mit der 300er-Serie bieten die US-Amerikaner eine neue Reihe für Mandolinen-Einsteiger – die 305 das A-Modell, die 315 das F-Modell. Auch diese Instrumente bestehen aus massiven Hölzern, Fichte für die Decke, Ahorn für den Korpus. Wie üblich, also. Die matte Lackierung wirkt keineswegs billig, sondern sieht gut aus und fühlt sich gut an. Optisch waren die Eastmans ja schon immer vorneweg, zumindest im Preisbereich unter 1000 Euro. Und die 315 klingt zudem ziemlich ordentlich. Der Listenpreis liegt etwas über 700 Euro, Straßenpreise dürften sich also zwischen 600 und 700 Euro bewegen. Somit könnte die Konkurrenz von Kentucky und The Loar jetzt wieder ein bisschen mehr zittern. In der Eastman-Modellreihe sind die 300er möglicherweise in der Lage, die 500er überflüssig zu machen – so groß wird der Unterschied nicht sein. Interessante Mandolinen jedenfalls, liebe Mando-Einsteiger. Im Mandolin Café wird auch schon eine Weile drüber diskutiert.

Die 315er.

Pfeil im Koffer

Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen! Deshalb heute mehr über Tim Connell, den Mandolinenspieler aus Portland/Oregon, der in Boston am New England Conservatory of Music studierte und als Abteilungsleiter Choro zum Führungspersonal des jährlichen Mandolin Symposiums im kalifornischen Santa Cruz gehört. Ich habe ihn am Mittwoch vor seinem Auftritt in der New Acoustic Gallery in Solingen kennengelernt, ein sehr angenehmer Umgang – und er spricht sogar ziemlich gut Deutsch. Woran das liegt? Vor 21 Jahren kam er als Austauschstudent nach Tübingen, blieb ein Jahr und lernte dort auch seine spätere Frau kennen; keine Deutsche, sondern eine Irin. Und weil er derzeit auf Verwandtschaftsbesuch bei seiner irischen Schwiegermutter weilt, hat er die Zeit genutzt, um wieder mal Deutschland einen Besuch abzustatten.

Tim Connells Leidenschaft gehörte zunächst der irischen Musik, der er allerdings nicht mit der Mandoline unterm Arm frönte, sondern der Tin Whistle im Mund. Von dort kam er dann zur Mando und studierte u. a. klassische Mandoline am NEC. Später kam seine Liebe für brasilianischen Choro dazu, woraus eine intensive Beziehung wurde. Mit Rio Con Brio zeigt er seine Kunst in diesem Genre. Wahrscheinlich liegt es am Klima in Oregon, dass man gern sonnige Musik spielt …

Ein Bluegrasser war Tim nie. Und auch sein Instrument ist keine F5, sondern eine optisch eher an eine Breedlove erinnernde Mandoline der Marke Arrow. Dahinter steckt der Luthier Paul Lestock, der in Mosier/Oregon lebt und arbeitet. Lestock baut nicht nur Mandolinen, sondern auch Mandolen, Mandocelli und Tenorgitarren. Die bekanntesten Instrumente aus seiner Werkstatt dürften die viersaitigen Jazzbos sein, edle Instrumente im Look alter Jazzgitarren. Eine Website hat Paul Lestock aktuell leider nicht, aber bei Interesse lässt sich über Tim Connell ein Kontakt herstellen.

Der spielt übrigens – oh Wunder – keine Blue-Chip-Picks. I tried to love them, kommentiert er das und bestätigt gleichzeitig, dass die Wahl eines Plektrums auch stark von dem Instrument abhängt, das man spielt und von den eigenen Soundvorstellungen. Er nutzt meistens die guten alten Wegen TF 140 Picks, modifiziert sie allerdings mit Nagelpflege-Sandpapier, um sie anzuspitzen. I need a pointed one, und also bastelt er sie sich selbst. Manchmal greift er auch zu Pro Plecs von D´Andrea, die auch Mike Marshall bevorzugt. Alles, nämlich Mensch, Mando und Plec, könnt Ihr auf dem Foto hier studieren.


Pfeilschneller Mann: Tim Connell.                                    (Foto: Volker Valdix)

Unser Mann aus dem Nordwesten

Blues, Choro, Dawg, Swing, Gypsy, Bluegrass – das ging ja quer durch den Garten gestern abend in der Solinger New Acoustic Gallery, als das Trio Mando Nuevo gemeinsam mit Tim Connell auftrat, dem Mandolinenmann aus Portland, Oregon, der regelmäßig in leitender Funktion bei Mike Marshalls Mandolin Symposium mitmischt. Dort kümmert er sich vor allem um den brasilianischen Choro, wovon er auch gestern ein paar Kostproben gab, etwa die Stücke Floraux und – für die Fußballfreunde – Fla-Flu, das Lied zum Lokalderby zwischen den beiden großen Fußballclubs Rios, Flamingo und Fluminense. Zu den Klassikern, die da von der Bühne der NAG klangen, gehörte auch der Catfish Blues in einer ausgedehnten Version mit Soli aller Beteiligten, außer Connell also Marijke und Michiel Wiesenekker und Oliver Waitze von Mando Nuevo. Letzterer zückte zwischenzeitlich auch mal sein Weber-Mandocello – ein durchweg faszinierendes Instrument mit sehr schönem, tragendem Ton. Mehr zu Tim Connell und seiner Mandoline und seinen Picks gibt´s dann hier morgen.


Mando Nuevo und der Gast aus dem pazifischen Nordwesten: Tim Connell
(2. v. r.)

Töne aus der Goldmine

Dank Zuträgern aus aller Welt kann dieses Blog immer wieder von Bands berichten, von denen bislang die wenigsten gehört haben dürften. Oder zumindest jene, die wie ich nicht ununterbrochen am Puls der Zeit horchen. Was soll´s auch – heutzutage kann man nicht jeden kennen. Es schadet aber auf keinen Fall, sich mal mit den Goldmine Pickers auseinanderzusetzen, einem Quartett aus dem mittleren Westen der USA. Der Mandolinenspieler der Pickers heißt Lukas Simpson und ist kein Kind von Langsamkeit, was die Videos auf Youtube beweisen. Außerdem beherrscht er eine große Bandbreite an Instrumenten, die von Gitarre über Banjo bis zur Mundharmonika reicht. Nun sind die Goldmine Pickers keine klassische Bluegrass-Band, wildern vielmehr auch im irischen Repertoire und unternehmen humoristische Crossover-Ausflüge zu Rock-Klassikern. So psychedelisieren sie beispielsweise den Doors-Klassiker The End mit Bouzouki und Fiddle im Line-up. Aber das hier verbreitet noch mehr Spaß: