Rau und rechtschaffen

New Jersey? Heimat von Bruce Springsteen? Abgewrackte Feriengegend? Oder was? Auf jeden Fall Heimat des Sextetts Railroad Earth, das wunderbare akustische Musik spielt. Und das mit einer Gelassenheit, wie sie der Song Mighty River unten ausstrahlt. Solche Musik findet sich bei Live and Breathing, deren Tonfänger überall unterwegs sind, um Musik in ihrer unmittelbarsten Form aufzunehmen, rau und rechtschaffen. Da lohnt sich das Stöbern.

 

Jamboree zum Vierten

Das Line-up fürs vierte Bluegrass Jamboree in Deutschland steht: Das Duo Caleb Klauder & Reeb Willms wird die Abende zwischen dem 28. November und 16. Dezember 2012 eröffnen, gefolgt von Bearfoot. Den Top-Act bilden Audie Blaylock and Redline. Klauder und Willms bedienen vor allem die Freunde traditioneller Country- und Oldtime-Musik, während Bearfoot bekanntlich die moderne popgetränkte Variante von Bluegrass bevorzugen. Klassischen Bluegrass bieten Gitarrist Audie Blaylock und seine Band. Der hat im Laufe der Karriere mit Größen wie Jimmy Martin und Rhonda Vincent gespielt; die weiteren Musiker von Redline haben auch schon einiges vorzuweisen, könnten aber seine Söhne sein. Achtung: Diese Gruppe enthält keine Spuren von Mandoline! Da müssen die Liebhaber des Instruments auf Caleb Klauder und Jason Norris von Bearfoot vertrauen. Insgesamt scheint es Rainer Zellner wieder gelungen zu sein, ein hochkarätiges und abwechslungsreiches Programm zusammenzustellen – mit Tendenz zu den traditionellen Klängen, verglichen mit dem Line-up von 2011. Auf jeden Fall drücken wir die Daumen für einen vollen Terminkalender und volle Häuser.


Men Without Mandolins: Audie Blaylock and Redline

Schwarz ist schön

Das Ende der Sendung Schellack-Schätzchen auf WDR 4 nimmt Magnus Klaue von der Wochenzeitung Der Freitag zum Anlass, das Besondere der schwarzen Scheiben hervorzuheben – die heute durch ihre Begrenzungen wertvoller denn je sind. Wie sollen die wahllos gefüllten MP3-Speicher da Bedeutung erlangen? Klaue: Die Kombination der Nummern, die für die Ästhetik der Aufnahme entscheidende Zäsur, die durch das Umdrehen der Seite erzeugt wird, die Gegensätze und Korrespondenzen beider Seiten machten aus ­jeder Platte ein Unikat. Eben deshalb, und nicht nur aus Gründen der Sehnsucht, werden Platten eher gesammelt als CDs. Der vollständige Beitrag steht hier.

Adele: Demnächst mit Bluegrass-Grammy?

Daniel Mullins von Bluegrass Today flippt aus, wenn er in sich aufnimmt, was die sechsfache Grammy-Gewinnerin 2012, Adele, so tut und sagt – mit Blick auf Bluegrass. Nicht nur, dass sie den Steeldrivers-Song If It Hadn´t Been For Love aufgenommen hat (wir berichteten): Sie performte ihn auf ihrer Live-CD/DVD aus der Royal Albert Hall sogar komplett mit Banjo. Reicht aber immer noch nicht: Sie warb vor aller Öffentlichkeit für die Steeldrivers, die ja selbst nach dem Abgang von Chris Stapleton noch eine tolle Band sind. Nicht mehr zu steigern? Doch. Gegenüber dem englischen Boulevardblatt The Sun schwärmte Adele unter anderem für Bluegrass und kündigte an, ein Bluegrass-beeinflusstes Album aufnehmen zu wollen.

Das war dann doch zuviel für Daniel Mullins und viele andere. Sollte das wirklich passieren, so fantasieren sie, könnte das für Bluegrass einen ähnlichen Meilenstein bedeuten wie damals 1962, als Ray Charles seine Platte Modern Sounds In Country And Western Music vorlegte – Initiatalzündung für Leute, sich mit C&W zu befassen, die sowas sonst nie an ihre Ohren gelassen hätten. Es wäre der nächste große Schub für Bluegrass nach dem Oh-Brother-Soundtrack. Die Experten sind elektrisiert von dem Gedanken. Warten wir´s ab. Vielleicht redet ihre Plattenfirma Adele diese Idee noch aus. Vielleicht spielt sie 2013 aber auch beim Merlefest oder in Telluride, mit den Punch Brothers als Begleitband.


Bald bitte auch mit Mandoline! Musik ab 2:27

Vergoldete Töne

Whitney Houston hat es bewiesen: Man kann als Popstar auch älter als 27 Jahre werden. Aber 48? Das muss ja auch nicht sein. Wie viele Männer laufen hier herum, die sie gern gerettet hätten? Zu spät. Aber das ist ja gar nicht das Thema. Es sollte vielmehr hier um die Grammys gehen, die gestern in Los Angeles vergeben wurden – zum 54. Mal. Da hat auch Whitneys Tod nichts dran geändert. Und wer hat so ein goldenes Grammophon in den Kategorien ergattert, die uns vor allem interessieren? Da erhebt sich Alison Krauss zu fast schon Houston-hafter Größe und holt sich wieder einen Grammy, diesmal ohne Robert Plant, aber mit Union Station: tatsächlich in der Sparte Bluegrass. Aber sie ist hoffentlich geerdeter als die Soul-Diva. [Korrektur: Tatsächlich hat Alison Krauss jetzt insgesamt 27 Grammys gepflückt; mehr gab es nur für Sir Georg Solti – nämlich 31.] Dann hätten wir hier noch den Gewinner der Kategorie Best Americana Album; es handelt sich um den früheren Schlagzeuger der Band, Levon Helm, für sein Album Ramble At The Ryman.

Die Trophäe für Best Folk Album ging an das Duo The Civil Wars für Barton Hollow – das sich übrigens noch einen Grammy holte in der Abteilung Best Country Duo/Group Performance. Joy Williams und ihr Partner John Paul White spielen nebenbei gesagt am 26. März in Köln und am 2. April in Berlin. Alle Nominierten samt Gewinner finden sich auf der Grammy-Website.


Und die Dritten sitzen: Levon Helm Band mit Mandoline

Thomas D an acht Saiten

Gestern abend durfte der Herr D ja ins Erste. Er moderierte wieder Unser Star für Baku. Das ist bisher alles spurlos an mir vorbeigegangen, will sagen: Ich habe noch nicht eine der vergangenen Casting-Shows auf Pro 7 gesehen. Dafür will ich mich nicht loben, es ist einfach vollständig meiner Aufmerksamkeit entgangen. Da bin ich anscheinend nicht der einzige, schaut man sich die Quoten mal an. Hellhörig bin ich allerdings geworden, als Thomas D die Frage einer Web-Userin nach seinem vermeintlichen Alterswerk so beantwortete, wie er es hier unten tut. Wer hätte das gedacht? Thomas D von den Fantastischen Vier einer von uns! Eine Mandoline im Ovation-Programm, die den Namen Marilyn trägt, konnte ich allerdings nicht ausmachen. Oder bedeutet das Typenkürzel MM etwa Marilyn Mandolin? Da soll uns der Thomas doch mal ein Foto von posten. Bitte bitte!

Zur Hölle mit den Hätschel-Typen

An einem Punkt scheint Chris Thile mächtig wütend werden zu können: wenn es um das Spielen alter (und oft wertvoller) Instrumente geht. Jedenfalls flucht er im aktuellen Interview mit Loar-Experte Dan Beimborn mächtig auf diejenigen, die sich Loar-Mandos kaufen, um sie dann als Heiligtum zu betrachten und nur zu Weihnachten aus dem Koffer holen. Das ist kein Museumsstück, das ist ein Instrument, empört sich Thile über die Loar-Hätscheler, es ist ein Instrument, das gespielt werden will. Erst recht fuchtig wird er, wenn Leute seine Loar betrachten und in vorwurfsvollem Unterton bemerken: Oh, da hast du aber ein paar Kratzer reingemacht, oder? Dabei redet er nicht der Nachlässigkeit das Wort: Natürlich, passt gut drauf auf, stellt sicher, dass es nicht gestohlen wird, diese Dinge. Haltet es von Schaden fern, aber spielt es! Tourt damit!

Und dann rät er allen Besitzern einer Lloyd Loar noch dazu, das Instrument in spielbarem Zustand zu halten – beispielsweise ein schlechtes Griffbrett zu ersetzen und eine nicht tonreine Bundierung zu beseitigen. Er hätte sogar die Griffbrett-Verlängerung entfernen lassen, wenn sie ihn gestört hätte. Chris lässt übrigens bei Steven Gilchrist reparieren/modifizieren. Warum auch nicht einen der Besten ranlassen? Aber das Teil dafür nach Australien schicken? Da brechen ja schon beim Gedanken daran die Schweißströme aus. Chris Thile scheint jedenfalls ein gesundes Verhältnis zu seinem am 18. Februar 1924 fertiggestellten Instrument zu haben und schert sich nicht um die Heldenverehrer der Szene: Loar was not God. He was a very good instrument builder. Das Interview im vollen Wortlaut.


Erscheint am 14. Februar: die neue CD der Punch Brothers mit Chris Thile (M.).

Zwei Damen aus Kanada

Was haben wir nicht schon für Musiker aus Kanada bejubelt! Bruce Cockburn, Jeff Healey, Arcade Fire, um mal drei zu nennen. Und die Mädels von Oh My Darling haben uns vergangenes Jahr auch viel Spaß auf deutschen Bühnen bereitet (und werden es dieses Jahr wieder tun). Dabei hat Kanada nur rund 33 Millionen Einwohner. Da sehen wir mit unseren mehr als 80 Millionen vergleichsweise alt aus. Wieder einmal zeigt sich: Nicht die Menge macht´s. Das trifft auch auf das kanadische Duo Madison Violet zu – Brenley MacEachern and Lisa MacIsaac. Die zwei sind auf dem Weg nach oben mit ihrer Mischung aus Pop, Folk und Bluegrass. Die Indigo Girls fallen einem zum Vergleich ein, Gillian Welch und Lucinda Williams mischen sich mit in den Sinn. Auf jeden Fall lohnt sich das genauere Hinhören. 2009 haben sie den John Lennon Songwriting Contest gewonnen und außerdem jede Menge weitere Auszeichnungen eingeheimst. In Deutschland waren sie auch schon unterwegs – das Filmchen hier unten stammt von einem Auftritt aus Aschaffenburg.

Gern hätte ich noch was Anderes hier vorgestellt, allein mir kam ein Satz dazwischen: Dieses Video ist in Deutschland leider nicht verfügbar, da es möglicherweise Musik enthält, für die die erforderlichen Musikrechte von der GEMA nicht eingeräumt wurden. Aaaaaah! Möglicherweise! Da bieten die Künstlerinnen Videos auf ihrer Website an, und dann das! Ach wenn sich doch bald mal die Gema mit Youtube einigen könnte. Im Sinne der Musiker ist das hier jedenfalls nicht.