Große Geschwister

Bei manchen Familien ist es so: Wenn man ein Mitglied kennt, will man den anderen gar nicht mehr begegnen. Bei der Mandolinen-Familie geht´s mir genau andersrum: Wenn das kleinste Mitglied schon so niedlich ist, wie sind dann erst die großen Verwandten? Auf der Musikmesse habe ich mich beispielsweise mit Irish Bouzoukis amüsiert – was für eine Klangwand! Die Mensur allerdings scheint mir für meine kleinen Hände doch etwas groß. Eine Oktavmandoline bzw. Oktavmandola wäre da schon passender. Aber ist es in Deutschland schon schwierig, in einem Laden mehrere gute Mandolinen zu finden, steigert sich der Schwierigkeitsgrad bei den oktavierten Geschwistern nochmals deutlich. Instrumente der englischen Firma Fylde beispielsweise kann man hierzulande lange suchen. Und wenn man ein neues Feld für sich auftut, will man ja erstmal ein paar Teile testen, um ein Gefühl für Qualität und Sound zu bekommen. Schwierig, schwierig. Aber wenn das Oktavfieber erstmal ausgebrochen ist, wer weiß, wo das endet. Bei einer Bestellung bei Albert & Müller? Beim hemmungslosen Import aus England? Mit dem Kauf einer Weber unter Auflösung sämtlicher Rücklagen? Ach, wer weiß.


Oktav-Mandoline von Fylde – fremd in Deutschland.

Noch mehr Mando-Pop

Wird die Mandoline (oder was man dafür halten könnte) nun tatsächlich zu einem Hauptinstrument der Popmusik? Erst Marit Larsen als Protagonistin und jetzt Shakira? Wie mir aus berufenem Mund mitgeteilt wurde, trat die Dame gestern abend bei Wetten, dass … mit ihrem Song Gypsy auf. Und zumindest in dieser Playback-Show spielte eine Stick-artige E-Mando in Rot das Intro – obwohl sich das nicht wirklich wie eine Mandoline anhörte, dann noch eher nach Mandola klang. Am Ende jedenfalls war es eindeutig ein Banjo, das ertönte! Herrlich unbefangen! Wenn das ein Hardliner gesehen hat! Eine Mandoline, die wie ein Banjo klingt! So führt Shakira möglicherweise fremde Welten Frieden stiftend zusammen. Und Wetten, dass … entwickelt sich zur führenden deutschen Fernsehsendung für Mandolinen: Wir erinnern uns an Rupert Paulik, der weiland die Bauchmuskel-Wette tremolierend begleitete.

Was fürs Auge

Es ist tatsächlich schon eine ziemliche Weile her, seit ich das letzte Mal auf die Website von Eastman geguckt habe. Von den Eastman-Mandos, die mir zuletzt in die Finger gefallen sind, war ich nicht so wirklich begeistert. Sie hatten nicht diesen fetten Bluegrass-Chop wie einige Kentuckys, sahen aber fabelhaft aus! Und die Website präsentiert sie entsprechend angemessen: schön fotografiert, jede Menge Details, dezentes Licht, gut gebaute Seiten. Das ist wirklich eine würdige Schau des Portfolios! Der komplette Gegensatz dazu Saga/Kentucky, was ich ja zuletzt anlässlich der neuen 1500er bereits erwähnte: eine lustlose und lieblose Abbildung der Instrumente, die den Appetit aber auch gar nicht anregt. Hier kann sich Saga tatsächlich mal eine Scheibe von Eastman abschneiden.


Da schaut man gern hin: Eastman MD 615!

Schatten im Blick

Kurz vor Beginn der Musikmesse nächste Woche tauchen nach und nach immer mehr Mandolinen-Neuheiten auf – so auch die MM-50E der Marke Epiphone. Nicht, dass sich Epiphone in der jüngeren Vergangenheit mit tollen Mandos hervorgetan hätte. Aber diese könnte – zunächst mal theoretisch – für manchen Spieler eine gute Lösung darstellen. Für solche nämlich, die ein gut klingendes, elektronisch verstärktes Instrument suchen. Die gesamte Elektronik der MM-50E steckt in dem Schlagbrett-ähnlichen Teil, das nicht auf der Decke befestigt wurde, sondern an Brücke und Zarge. Auch der magnetische Pickup hängt an der Elektronik-Einheit, lässt die massive Decke aus Sitka-Fichte also frei schwingen. Für jede Doppelsaite ist jeweils ein Pickup-Coil zuständig, dessen Empfindlichkeit sich mit Mini-Potis einstellen lässt. Die tonale Balance müsste somit jeder für sich passend einstellen können.

Wer hat sich dieses Prinzip bloß ausgedacht? Die Franken von Shadow Electronics, die in der Nähe von Nürnberg sitzen! Für mein Empfinden sieht das jedenfalls besser aus, als Potis direkt auf die Decke zu klatschen. Diesen Pickguard-Look ist man ja schon gewöhnt. Als nächstes kämen jetzt die ganzen Wenns: Wenn der Pickup einen sehr guten Klang überträgt und das System nicht zum Koppeln neigt und wenn das Zeugs nicht beim Spielen im Weg ist, hätte man möglicherweise ein ideales Werkzeug in Händen für verstärkte Live-Auftritte. Zargen und Boden der Mando scheinen laminiert zu sein, aber das macht sie ja eher rückkopplungsresistenter. Ich konnte bislang nicht herausfinden, was die MM-50E kosten soll. Wenn der Preis attraktiv ist, kann man sich bei Bedarf tatsächlich überlegen, dieses Instrument für laute Bühnen anzuschaffen. Immer im Hinterkopf behalten, dass die Ausstattung einer guten Mando mit einem guten Pickup meistens auch noch einen guten Preamp fordert – und das kostet ja auch alles Geld. Eine Zweitmando zum Rocken wäre das sozusagen. In der Theorie. Mal gucken, ob Gibson Europe das Ding auf der Musikmesse spielbereit hält; glaub ich zwar nicht, wäre aber schön – damit man mal einen echten Eindruck bekommt. Detailinfos hier.

Comeback der 1500?

Eigentlich hatte ich geglaubt, die Herolde in aller Welt rufen zu hören, wenn es soweit ist: „Es gibt wieder eine Kentucky KM-1500!“ Aber alles war still. Trotzdem, es ist wahr: Auf der Saga-Website findet sich eine Anpreisung des wiederaufgelegten, legendären Modells. Alles vom Feinsten, so steht es dort geschrieben, samt Decke aus Adirondack-Fichte. Der Listenpreis kann sich allerdings auch sehen lassen: Fast 3000 US-Dollar ruft Saga dafür auf! Im Mandolin Café wird verhalten über das neue Instrument debattiert – viele halten es nur für eine aufgepeppte KM-1000, die ja wesentlich weniger kostet. Irgendwer weist darauf hin, dass das Griffbrett abgerundet ist. Das wäre immerhin eine Abweichung von der 1000er. Und ich finde, Radius-Griffbretter erleichtern die Spielbarkeit. Nach wie vor lässt Saga aber nicht von dem Wurmfortsatz am Griffbrett ab – ärgerlich eigentlich. Immerhin: Es ist anzunehmen, dass die neue KM-1500 nächste Woche auf der Frankfurter Musikmesse präsentiert wird – eine Gelegenheit, dem Teil mal ansatzweise auf den Grund zu gehen. Hier ein Foto einzuklinken, wäre sinnlos: Das Bildmaterial auf der Saga-Website ist vollkommen unattraktiv. Vielleicht sollte ihnen mal jemand Bescheid stoßen, dass sich als edel angepriesene Instrumente besser verkaufen lassen, wenn man sie auch edel präsentiert.

Trio mit drei Schüssen

Wer meint, ich würde jetzt nur noch Pin-ups im Blog veröffentlichen, der hat verdammt recht. Heute gibt es aber etwas für die Damenwelt: drei schmucke Herren zum In-den-Spind-Kleben nebst drei Instrumenten der Firma Collings, die ich mir gern in natura an der Wand fixieren würde – naja, so lange meine Risikopapiere noch nichts abwerfen … Jesse Cobb spielt bekanntlich Mandoline bei den Infamous Stringdusters, sein Nebenmann Andy Falco bedient in der gleichen Combo die Gitarre. Und Kym Warner ist nicht nur Australier, sondern auch Mitgründer der US-Formation The Greencards. Gemeinsam werben sie für Collings und spielen so schön zusammen: in dem Fall Salt Creek. Nicht nur was für die Damen.

Lieber guter Weihnachtsmann

So, sie hat es also wirklich getan – bzw. der Weihnachtsmann war´s, der Hannah Johnson, Sängerin und Mandolinenspielerin der Toy Hearts, eine neue Mandoline gebracht hat. Schon als die britische Band im Dezember 09 im Rahmen des Bluegrass Jamboree durch Deutschland unterwegs war, erzählte sie von ihrem Traum, eine Collings-Mando ihr Eigen zu nennen. Und voilà: Seit Weihnachten freut sich die ganze Truppe mit ihr über das neue Schätzchen. Die alte Epiphone dürfte damit endgültig ausgedient haben, auch wenn sie letztlich als reines Rhythmusinstrument noch gut genug war. Jetzt bin ich mal gespannt, ob sich Hannah an richtige Akkorde und Melodien auf der Mando ranwagt – zum Rhythmisieren wäre das teure Stück auf Dauer sicher zu schade. Wir werden beide weiter beobachten: Hannah und die Collings. Und wir wissen, dass gute Instrumente ihre Spieler deutlich pushen können.


Hannah mit ihrer Neuen.

Marits Mando goes Pop

Hallo liebe Popfreunde! Viel zu selten gibt es Gelegenheit, unser Lieblingsinstrument in der bunten Popwelt zu bestaunen. Da kommt eine junge Norwegerin gerade recht, die völlig selbstverständlich Mandoline (und auch Banjo) in ihre Songs einbezieht: Marit Larsen. Ich las, dass ihr If A Song Could Get Me You im vergangenen Jahr bereits die Spitze der deutschen Charts erklommen hat. Mit vernehmbarer Mando! Und wenn man sich so ihr weiteres Schaffen anhört, wird man die Mandolinen noch deutlicher wahrnehmen. Wann hat es das zuletzt gegeben? Seit Steve Winwoods Back In The High Life nicht mehr? Marit Larsen spielt die Mando selbst, eher Strumming als Einzelnoten, außerdem Klavier, Mundharmonika und Gitarre. Und zu ihren Einflüssen zählt sie auch die Dixie Chicks und Alison Krauss.

Aber Bluegrass ist das hier natürlich nicht! Klingt eher nach Abba-Pop, von dem ich dachte, er sei längst ausgestorben. Einprägsame Melodien sind seltener geworden, viele singen einfach irgendwas an den Akkorden entlang. Das tut Marit Larsen kaum. Stattdessen präsentiert sie pfiffige Liedchen mit manchmal schrägem Schmiss in leicht naiv anmutender Weise, aber auch Breitwand-Pop mit vielen Streichern. Wer mag, kann sich ihre Songs auf last fm anhören. Ansonsten ist sie derzeit noch auf Tour in Deutschland, mit einigen Terminen im Süden.

So werde ich mein eigener Phil Spector

Mal ehrlich: Dass die Buben von Hayseed Dixie irgendwo einen Schaden haben, dürfte uns allen nicht entgangen sein. Aber mit ihrer neuen CD/DVD-Kombination Killer Grass legen sie noch eins drauf. Nein, ich meine damit nicht die abgedrehten Coverversionen von Bohemian Rhapsody, Won´t Get Fooled Again (Pete Townshend) oder Mozarts Kleiner Nachtmusik, die hier Eine Kleine Trinkmusik heißt. Die – zumindest für mich – abgefahrene Innovation steckt auf der DVD. Die Scheibe enthält nämlich die Einzelspuren zu allen Stücken im gängigen wav-Format.

Wer also Audio-Editoren wie Cubase, Pro Tools oder wie sie alle heißen hat, der kann sich die Spuren in seinen Rechner laden und damit seinen eigenen Mix der Songs fertigen. Beispielsweise also das Banjo aus allen Tracks herausnehmen. Was natürlich niemand wirklich will. Oder die Mando aus dem neuen Mix killen und ihn so zum Playalong machen. Oder den Bass im Panorama an irgendeine abenteuerliche Stelle verschieben. Alles geht, womöglich sogar mit der Freeware Audacity! Na gut, die Anzahl der Spuren ist im Bluegrass überschaubar. Trotzdem klingt das für mich nach einer ziemlich verrückten Idee. Ein Stück der DVD lässt sich sogar überhaupt nicht anhören, bevor sich der begeisterte Bastler nicht seinen eigenen Mix daraus zusammengezimmert hat. Also dran denken, wer überlegt, sich das Werk zu kaufen: Noch sind die Abende lang!


Hayseed Dixie covern The Prodigy: gutes Omen?

Och nö, och, gähn, hmm

Manchmal fühl ich mich ziemlich gelangweilt. Zum Beispiel jetzt, nach der Lektüre des diesjährigen Programms fürs EWOB-Festival im niederländischen Voorthuizen. Da ist fast nichts dabei, was mich wirklich interessieren könnte. Natürlich weiß man nie, was hinter den Namen der Bands aus den Ostblock-Ländern steckt – instrumentale Meisterschaft ist da allemal drin. Oft wird´s aber beim Gesang schwierig, was auch für alle anderen Bands gilt, die keine englischen Muttersprachler in ihren Reihen wissen. Wobei die Beneluxer und Skandinavier das oft sehr gut hinbekommen, manchmal auch die Deutschen, gelegentlich sogar die Osteuropäer, um mal Acousticure als leuchtendes Beispiel zu nennen. Franzosen und Italienern wird auch nicht unbedingt eine Zunge nachgesagt, die klangvolles Englisch erzeugt. Natürlich gibt es immer Ausnahmen. Aber unsere Hörgewohnheiten sind schon an den US-Originalen ausgerichtet. Und an dieser Messlatte scheitern viele. Darf man das eigentlich sagen, ohne als Nationalist oder sowas dazustehen? Aber es wird deutlich, was ich meine?

Das Dumme ist: Diese Bands können dann spielen wie die Weltmeister, aber über den Gesang kann ich dennoch nicht hinwegsehen. Dann ist es vielleicht wirklich geschickter, alle singen in ihren Landessprachen. Aber da sind logischerweise viele dabei, die ich nicht verstehe. Und für mich gehören packende Texte eben auch dazu. Spreche ich gerade über den Eurovision Song Contest Ende Mai? Bin ich nicht vollkommen vom ersten Satz abgeschweift? Nein und Ja. Um zum Anfang zurückzukehren: Mir fehlen knackige Namen im Programm. Es gäbe auch europäische Bands, die ich gern nochmal sehen würde. Letztes Jahr habe ich mich über die Anwesenheit der Coal Porters gefreut und die Thunderbridge Bluegrass Band genossen. Diesmal fehlt England komplett. Naja, wenn entsprechende Bewerbungen fehlen? Vielleicht reißen Hungry Hill aus Kanada was raus. Ich beruhige mich auch wieder.


Tennessee Stud aus Frankreich: sehen gut aus, aber wie klingt der Gesang?