Und wieder an der Wegkreuzung

Obwohl es nur von einem Tag auf den anderen geht, stehen wir am Ende des Jahres da und fragen uns: wohin? Sollen wir auf dem gewohnten Pfad weiterlaufen oder unsere Fühler in eine andere Richtung ausstrecken, von der wir nicht wissen, was sie womöglich bringt. Es ist das alte Kreuzweg-Thema: nach rechts oder nach links? Und es bringt auch immer den Blick zurück: Was war richtig, was falsch? Den idealen Soundtrack zu solchen Jahresendfragen liefert der alte Haudegen Calvin Russell mit „Crossroads“, einer Aufzeichnung von Manu Katchés Sendung „One Shot Not“, die auf „arte“ läuft. Höhepunkte der Reihe sind übrigens noch bis Ende Januar auf der arte-Website zu sehen, darunter Konzerte mit „Calexico“, Manu Chao und „The Moonshine Sessions„.

Wenn der Marshall mit der Cati

Große Schatten werfen ihre Ereignisse voraus: In der Solinger „New Acoustic Gallery“ wird am 29. und 30. August 2009 das „1. Mandolinen-Festival“ steigen! Als Top-Acts werden an beiden Tagen Caterina Lichtenberg und Mike Marshall die Bühne entern – was ja nun wirklich nach feiner Kost klingt. Die weiteren Künstler stehen derzeit noch nicht fest, werden aber laut NAG-Inhaber Oliver Waitze demnächst bekannt gegeben. Der Eintritt pro Tag liegt im Vorverkauf bei 40 Euro (Abendkasse 48,-). Also ein Termin mehr, der fürs nächste Jahr in den Kalender einzutragen ist! Karten können schon jetzt reserviert werden.

In anderen Zeitzonen

Wenn Silvester naht, wird uns immer wieder bewusst, wie die Zeit rast. Und wir selbst rasen mit. Selbst wenn wir versuchen, alles zu verlangsamen, bekommen wir doch nie das Zeitgefühl zurück, das wir als Kinder hatten. Kinder befinden sich in einer anderen Zeitzone. So wie auch Instrumentenbauer. In seiner neuen Kolumne beschreibt Bill Graham das Phänomen und schildert, wie er einen Mandolinenbauer in den Bergen Ostkentuckys besucht. Der Mann begab sich nach dem Frühstück an das Präparieren einer Mando-Rückseite. Nach zwei Stunden war er immer noch dabei, mit Hilfe von Sandpapier Holz wegzunehmen, ohne dass das Ende dieses Arbeitsschritts absehbar gewesen wäre. Und wir ärgern uns über Computer, die nicht unmittelbar reagieren, wenn wir den Knopf gedrückt haben. Es dürfte also schwierig sein, sich auf das Zeitniveau eines derartigen Handwerkers zu begeben. Bei seiner Arbeit geht kaum etwas schnell, bei uns muss immer alles schnell gehen. Und schwupps! ist schon wieder Silvester. Aber hatte das Jahr nicht gerade erst angefangen?

Die Weihnachtsgeschichte nach Bill

Es begab sich aber zu der Zeit, da das Bluegrass-Duo Joe und Mary unterwegs waren. Und siehe! Mary war schwanger. Und sie bekam ein Kind. Doch keine Herberge bot Platz für die junge Familie, noch nicht mal eine Krippe mochte sich finden lassen. Also tat Joe, was ihm am schwersten fiel: Er nahm sein Brett aus dem Case und legte das Kindlein hinein. Und alle kamen von nah und fern und staunten, wie schön es das Kind doch habe.

Schöne Weihnachten!

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Über die wilden Äcker

Warum wollte ich eigentlich damals, Mitte der 80er-Jahre, Mandoline spielen? Am Bluegrass kann es nicht gelegen haben, der bedeutete mir damals nichts. Ich war eher ein Fan von Carsten Lindes „Folkfreak“-Label und dem darauf erschienenen Sampler „FolkFriends 2“. Im Folk spielt die Mandoline natürlich auch eine nicht unwesentliche Rolle. Und dann war da natürlich noch Jethro Tulls „Heavy Horses“-LP. Vor allem hat es mich gereizt, die Mando auf „Acres Wild“ nachzuspielen. Aber da ich mir zwar ein gebrauchtes Instrument gekauft, aber nie wirklich gelernt habe, ist es bei Gedankenspielen geblieben. Der echte Ehrgeiz kam ja erst gut 20 Jahre später. Die LP liegt mir noch heute am Herzen – siehe Longplay-Lieblinge. Leider habe ich kein Video gefunden, auf dem eines der Lieder, das mich für die Mando interessiert hat, ansprechend dargeboten wird. Immerhin anhören kann man sich „Acres Wild„.

Dafür gibt es eine neuere Aufnahme von einem anderen Stück der LP: „Weathercock“. Da wird der Wetterhahn besungen und Tull-Gitarrist Martin Barre spielt Mandoline. Er besitzt ein Instrument von Andy Manson, der ja auch für Led-Zep-Bassist John Paul Jones eine Mando gebaut hat – wie hier bereits zu lesen war. Auch wenn das auf einer Rockbühne jetzt nicht klingt wie eine Offenbarung: Es bleibt doch unser Lieblingsinstrument in einem lieblichen Song.

Jungspunde #3

Wenn einer mit drei Jahren anfängt, auf der Ukulele herumzuchoppen, mit zehn seine gesamten Ersparnisse von Weihnachten und Geburtstagen für eine Martin-Gitarre ausgeben lässt und mit elf auf der Mandoline beginnt, was kann dabei herauskommen? Natürlich einer dieser Jungspunde, die uns immer wieder das Staunen lehren. Dieser Bubi hier heißt Dominick Leslie und kommt aus Colorado. Er hat wie seine Kollegen auf Wettbewerben begeistert und gehörte 2007 zu den Vorzeigekünstlern in Mike Marshalls „Young American Mandolin Ensemble“. Und auf seiner ersten CD „Signs Of Courage“ spielen Gastmusiker wie Noam Pickelny (Banjo), Stuart Duncan (Fiddle) und Joe Craven (Percussion) mit. Auffällig allerdings, dass in den Biografien der Jungspunde nie das Geburtsjahr genannt wird. Deswegen lässt sich das aktuelle Alter nur ungefähr benennen – Dominick Leslie dürfte wohl noch keine 18 sein. Oder gerade soeben. Ausführlichere Belege seines Könnens finden sich auf der entsprechenden MySpace-Seite. Und hier steht er auf der Bühne mit einer gewissen Banjo-Größe, die glaube ich aus dem Harz stammt: aus Wernickerode. Uiiii, Verzeihung – übler Kalauer.

Wir schalten um nach München

Willkommen, Freunde der gepflegten Nostalgie! Das hat hier natürlich überhaupt nichts mit Mandolinen zu tun. Aber wer wie ich gelegentlich tief auf Youtube recherchiert, der findet die unglaublichsten Dinge. Und wird erinnert und mit Demut gepudert. Denn unten stehendes Beispiel steht für den Beweis, wie sehr das deutsche Fernsehen der 70er-Jahre die Geduld von Kindern herausgefordert hat! Wie lange dauert das denn noch, bis endlich die Kinderstunde aus München kommt und Carolin Reiber uns begrüßt mit: „Grüß Gott, liebe Mädel und Buben.“ Und heute? Können es selbst Erwachsene kaum glauben, wie groß die leeren Zwischenräume damals im Programm waren. Nun denn.

Wer vor Nostalgie geschüttelt werden möchte, schaue mal bei Youtube herein, was da dieser „logoprof“ alles an begehrenswerten Schnipseln eingestellt hat – vom „Drehscheibe“-Intro bis zum „Loch in der Banane“ ist alles dabei. Und wer dann noch nicht satt ist und wissen will, was an einem bestimmten Tag der Vergangenheit im Fernsehen lief, wird vielleicht bei „TV-Programme.net“ fündig. Allesamt gute Heilmittel gegen schlechtes Erinnern. Und nun: Film ab!

Jungspunde #2

Vom Schlagzeuger zum … nein, nicht zum Millionär, sondern zum Mandolinenspieler! Tatsächlich hat Josh Pinkham im zarten Alter von acht Jahren als Drummer begonnen und kam erst als altes Kind zur Mando. Dann aber gleich richtig, so mit Wettbewerbe gewinnen, Champion werden und so. Nun ja, wenn man sich die Geschichte seiner Familie anschaut, ahnt man, wo´s herkommt. Offenbar kam danach ein Automatismus in Gang, der ihn zu den renommierten Festivals führte und mit den Altstars zusammen auf die Bühnen brachte: Mike Marshall und Hamilton de Holanda hießen unter anderen seine Gespielen. Das deutet bereits darauf hin, dass Josh Pinkham kein reiner Bluegrass-Musiker ist, sondern jemand mit extrem weitem Horizont: Jazz, Choros, Klassik gehören zu seinem Repertoire. Na, dann kann er ja gleich mit Grisman auftreten – was er auch getan hat. Trotzdem: Wenn er Klassiker wie „Blackberry Blossom“ oder „Fisher´s Hornpipe“ spielt, hüpft einem doch das Herz. Alles Nähere auf seiner Website und der MySpace-Präsenz. Und hier ein Schmankerl, gemeinsam mit Bruder Luke (rechts im Bild) gespielt: „What a blast“ von Thile/Marshall.

Jungspunde #1

Weihnachten ist das Fest der Kinder, der strahlenden Augen und der vor Aufregung geröteten Wangen! Also sollten wir hier mal ein paar Mandolinenkinder würdigen. Von Sierra Hull war gelegentlich die Rede, daher bleibt sie diesmal außen vor. Heute geht es vielmehr um einen Knaben namens Ryan Holladay, nein, kein Schreibfehler. Mit fünf Jahren stand er schon auf der Bühne der „Grand Ole Opry“, spielt fließend außer Mando noch Banjo und Dobro. In allen drei Disziplinen holte er schon nationale Champion-Titel. Oh, jetzt klingt es aber sehr nach Sport. Jedenfalls loben ihn unter anderen Ricky Skaggs und Chris Thile in höchstem Maße. Na gut, Ricky muss, weil er 2005 die dritte (!) Holladay-CD auf seinem Label veröffentlicht hat. Da war Ryan so um die 13. Die vollständige Erfolgsbilanz des noch jungen Lebens findet sich auf seiner Website. Und Kostproben seines Spiels lagern hier. Schlussendlich unten noch ein Film, der die Könnerschaft des jungen Ryan unterstreicht. Da leuchten unsere Augen und die Wangen röten sich.

Die Fern, so nah

Mag hier eine Immobilienblase platzen, dort ein SUV-Hersteller den Bach runtergehen: Es ist nicht alles schlecht, was aus den USA kommt. So erlebte neulich Mandolinenkamerad Jürgen aus der Nähe von Hamburg etwas Schönes. Ein US-Kollege kam zum Geschäftsbesuch und hatte etwas im Gepäck, das er ihm überlassen wollte – allerdings zunächst nur kommissarisch. Es handelte sich um ein leibhaftiges Fern-Modell der Firma Weber, nun ja, sagen wir mal: einer dieser feuchten Mandolinenträume. Jedenfalls verglich Jürgen den Vorgang damit, als ob man einem Blinden den Brockhaus in 24 Bänden überlässt.

Er hatte dem amerikanischen Kollegen von seiner Leidenschaft für Bluegrass erzählt und der war wohl derart gerührt, dass jemand im fernen Germany auf diese uramerikanische Musik steht, dass er diesem merkwürdigen Kerl das Instrument mitbringen musste – als eine Art Entwicklungshilfe sozusagen. Der Mann hat daheim eine Riege wertvoller Bluegrass-Geräte und ist auch sonst finanziell gut dabei, kann es sich offenbar leisten, viel zu kaufen und wenig zu spielen. Zur Freude vom Jürgen, der nun allerdings vor der Frage steht: wie weiter? Ich sage: dem reichen Ami das Ding abkaufen, wenn´s irgendwie passt. Dann muss man sich wirklich nur noch ums Üben kümmern.

inst_ma_fern2 Was Gutes aus der Fern (e).

Audienz bei Sir Dude

In Maryville, Tennessee, steht ein Mann an der Werkbank, von dem hätte so mancher gern eine Mandoline oder Gitarre. Zwischenzeitlich hieß es, er baue gar keine Gitarren mehr. Das wäre uns natürlich egal gewesen. Aber weil er sich offenbar lange ausschließlich um den Instrumentenbau gekümmert hat, blühten die Gerüchte rund um Lynn Dudenbostel, den Typen, von dem auch Chris Thiles Mando stammt. In den aktuellen „Mandolin Sessions“ von Mel Bay nun findet sich ein ausführliches Interview mit dem Meisterbauer, der früher bei Lockheed arbeitete und sich im Zuge wirtschaftlicher Umstrukturierungen entschloss, dem Job adieu zu sagen und sich vollständig der eigenen Werkstatt zu widmen. Ein Kapitel aus der Reihe: Krisen als Chance.

Wie er arbeitet, wovon er sich inspirieren lässt, welche Hölzer er nutzt, erfährt man in dem Gespräch mit Joe Mendel. Europa kommt auch vor: Dudenbostel verwendet für Decken gern das Holz von Fichten aus den rumänischen Karpaten! Globalisierung mal skurril. Inzwischen hat er eine MySpace-Seite. Und auf MySpace sind auch Fotos zu finden von der Dudenbostel-Mando Nr. 27, dort als zum Verkauf stehend angekündigt. Na, wenn die nicht mal schon weg ist.

dudenbostel Hier schafft der Chef noch selbst!

Ein Schotte, der nicht geizt

Wir bleiben in Britannien. So mancher ist immer auf der Suche nach Tunes – irischen, amerkanischen, schottischen, was eben auf der Mando gut klingt. Der Schotte Nigel Gatherer hält auf seiner Website viele davon bereit in unterschiedlichen Formaten: Noten, Tabs, als Pdf oder ABC, manches auch als Midi zum Vorhören. Wer der keltischen Folklore anhängt, findet auch Material zu Tin Whistles. Man muss es deutlich sagen: Dieser Schotte geizt nicht mit Melodien und Input, im Gegenteil. Natürlich gibt es im Web viele solcher Seiten, aber diesmal ist Nigel dran. Hier geht es direkt zu seinem Mando-Angebot.

Wände voller Mandolinen

Und wieder wende ich meine Aufmerksamkeit England zu. Kürzlich erst war hier von der „Southern Tenant Folk Union“ und den „Coal Porters“ die Rede. Heute geht es um einen Laden im Süden der Insel, in Brighton: „The Acoustic Music Company„, der Laden von Trevor Moyle. Nach eigener Auskunft spielt er seit 1973 Mandoline, befindet sich aber bis heute auf dem Stand von 1974. Englischer Humor. Jedenfalls hortet er Mandos. Auf seiner Website sind jede Menge Fotos von „Mandolin Walls“ abgebildet – eines hier beigefügt. Online lässt sich fröhlich stöbern, in der Rubrik der „Builders“ finden sich persönliche Anmerkungen und Anekdoten zu Meistern wie Mike Kemnitzer (Nugget) und Gerhardt Rolfe (Phoenix). Sehr interessant auch die Seite mit den prominenten Laden-Besuchern: Chris Thile war da, Ralph McTell, aber auch Dave Pegg von Fairport Convention und der leider schon verstorbene Gitarrencrack Eric Roche. Falls Ihr also im nächsten Sommer Euren Urlaub im Seebad Brighton verbringt, könnt Ihr Eure Alte getrost ein paar Tage allein am Strand brutzeln lassen – Ihr habt Besseres zu tun.

ws_mandowall_9_05_exp Die „Mandolin Wall“

Christenmann und Finstermann

Es passieren seltsame Dinge: Der uns als „Soldier of the cross“ bekannte Ricky Skaggs spielt mit den Rockern von „The Raconteurs“! Das ist schon ein merkwürdiges Bild, ihn in dem Video zu „Old Enough“ neben dem Finstermann Jack White („White Stripes“) zu sehen. Wusste der aufrechte Christenmann, auf wen er da trifft? Oder ist er am Ende gar nicht ein solcher Hardliner, wie ihm immer nachgesagt wird? Oder Jack White tief gläubig? Na, jedenfalls musikalisch muss man hier keine weiteren Fragen stellen. Und alt genug sind sie sowieso alle.