Mädels in der ersten Reihe

Jetzt ist es raus, das Programm des diesjährigen Festivals European World Of Bluegrass vom 2. bis 4. Juni in Voorthuizen/Niederlande. Den Mandolinenfreunden fällt sofort auf, dass schon am ersten Festivaltag, dem Himmelfahrtstag, einer der großen Virtuosen des Instruments auf der Bühne stehen wird: Radim Zenkl. Ein weiterer Höhepunkt könnten die Davidson Brothers aus Australien werden, die, eingebettet in ein Quartett, Samstag an der Reihe sind. Auch Europas Bluegrass Band Nr. 1 von 2009, die schwedischen Downtown Ramblers, stehen wieder im Line-up des Festivals. Beim Durchschauen fällt die relativ große Zahl an jungen Bands auf, in denen Frauen mehr und mehr bedeutende Rollen spielen oder die komplett weiblich aufgestellt sind – etwa Oh My Darling aus Kanada. In diese Reihe passen auch South Drive aus Schweden, Lucky Lips aus Norwegen und Candy Floss aus der Slowakei. Das vollständige Programm lässt sich hier studieren.


Oh My Darling aus Kanada

Sarahs neue Atmosphären

Am 17. Mai erscheint das neue Album einer jungen Frau, die ganz gern ein wenig düster klingt: Sarah Jarosz. Auch der Trailer zu Follow Me Down deutet diese Richtung an – atmosphärische Musik mit akustischen Instrumenten. Irgendwie passen diese Klänge gut in die Zeit. Und wer was Fröhliches haben möchte, steht ja allzeit vor einer großen Auswahl.

Leichte Brise

Es soll ja Menschen geben, die sich angesichts des Sonnenscheins schon am Beginn des Sommers wähnen. Ihnen sei dieses Lied gewidmet, das uns in die neue Woche geleitet: Summer Breeze des texanischen Duos Seals & Crofts. Das Stück, 1972 aufgenommen, wurde zu einem großen Charterfolg für Jimmy Seals und Dash Crofts. Und es klingt tatsächlich alles nach einem perfekten Sommerhit: die leichten akustischen Klänge, der an Crosby, Stills & Nash erinnernde Harmoniegesang. Und natürlich lässt uns Dash Crofts Mandoline lächeln, auch wenn sie damals nicht besonders schön abgenommen wurde. Dass das Lied noch heute Aufmerksamkeit erregt, zeigt beispielsweise Jason Mraz, der Summer Breeze 2004 für den Soundtrack zur TV-Serie Everwood aufgenommen hat.

Wenn Uhren sprechen

Der alte Kämpe T-Bone Burnett hatte im vergangenen Herbst eine Revue zusammengetrommelt: The Speaking Clock Revue. Mit dabei waren u. a. Elvis Costello, John Mellencamp, Ralph Stanley und Elton John. Ja, tatsächlich: Elton John. Und gerade der Sir war nachher völlig außer sich wegen einer weiteren Band des Revue-Line-ups: den Punch Brothers. In einem Interview mit dem amerikanischen Rolling Stone äußerte er sich in den lobendsten Worten über die Band um unseren Mandolinengott Chris Thile. Das liest sich dann so: They’re astonishing, the best jam band I’ve ever seen. … They, for me, are the exciting new thing. That’s where I want to go.

Außerdem hat er noch gesagt, dass er eine Platte mit den Punch Brothers aufnehmen will. Demnächst wird es also tatsächlich ein Bluegrass-artiges Album von Elton John geben! Nun ja, das bleibt abzuwarten. In diesem hübschen kleinen Video zeigt Chris Thile aber einen heißen Hüftschwung. Vielleicht hat ja auch der den Sir elektrisiert.

Hoffen für Herrn Sumi

Heute gehen die Gedanken an jenen Instrumentenbauer, unter dessen Hand bzw. Leitung meine Kentucky-Mandoline 1983 gebaut worden ist: Herrn Eiichi Sumi. Sumi lebt und arbeitet im Wintersportort Nagano, südwestlich des havarierten Reaktors von Fukushima gelegen, ungefähr so weit davon entfernt wie Tokio. In Nagano gab es heute am frühen Morgen Ortszeit ein Erdbeben der Stärke 6.2. Anscheinend hat jede größere Stadt Japans ihre Kernkraftwerke – in Nagano sind es zwei. Auch wenn der Erdstoß dort längst nicht so heftig war wie in Sendai und wohl das meiste heil geblieben ist: Ich drücke die Daumen, dass zu der Umweltkatastrophe in Japan nicht noch eine Atomkatastrophe dazukommt. Auf das sich der Wind nicht drehen möge. Und Herrn Sumi und allen anderen Japanern ein normales Leben bleibt bzw. wieder ermöglicht wird. Für Deutschland kann man nur hoffen, dass die verlängerten Laufzeiten für AKWs wieder zurückgenommen werden.

Das doppelte Fitzmauricechen

Die eine heißt Sarah, die andere Maria, und beide tragen den Nachnamen Fitzmaurice. Zudem sehen sie auch noch gleich aus – Kunststück, handelt es sich doch um Zwillinge. Um sie herum gruppieren sich drei junge Männer: fertig ist die Band Fitzmaurice! Wie Joy Kills Sorrow gehören sie zu den jungen Grenzüberschreitern, die zwischen Bluegrass, Jazz, Folk und Rock changieren. Mit ihrer Mixtur stürmen sie in den USA erfolgreich voran und blicken auf eine wachsende Schar von Fans. An der Mandoline finden wir Brandon Snellings, der mit acht am Instrument begonnen hat und Künstler wie Chris Thile und Nickle Creek zu seinen Vorbildern zählt, aber auch Acts wie Merle Haggard und die Dave Matthews Band. Aber wollen mal die Mando nicht vor den kräftigen Gesang der beiden Damen schieben – der hat nämlich jede Menge Dampf. Was so einige Videos auf Youtube zeigen – nur das hier nicht so sehr. Kameraton eben.

Saisonauftakt im Tanzcafé

Wer morgen Abend fürchtet sich zu langweilen, dem kann geholfen werden – sofern er/sie im Raum Köln, Bonn, Siegen wohnt. Denn morgen Abend, am 11. März, begeht eine der führenden Bluegrass-Bands Deutschlands ihren Saisonauftakt: Covered Grass. Na gut, ich mach´s ne Nummer kleiner: Eine nicht zu verachtende deutsche Bluegrass-Band bestreitet in rustikaler Umgebung das erste Konzert mit ihrer neuen Sängerin Corina Aurin. Ort des Geschehens: das Tanzcafé Berghof in 53809 Ruppichteroth-Schönenberg. Einlass ab 19 Uhr, Beginn 20 Uhr. Die Provinz lebt also.

Und wie sie lebt! Denn die Band steckt auch hinter einem zweiten Bluegrass-Ereignis auf dem Lande, das dieses Jahr zum zweiten Mal stattfindet: die Internationale Bluegrass Night Berkenroth. Davon wird hier noch zu schreiben sein. Auf dem Programm am Abend des Himmelfahrtstags werden Valerie Smith & Liberty Pike, die Looping Brothers und Covered Grass als Heimband stehen. Wer schonmal Näheres wissen will: hier gibt´s die zugehörige Website.


Ort des Geschehens: das Tanzcafé Berghof.

Die Rückkehr des Kükens

Das Küken ist wieder da! Oder inzwischen vielleicht passender: das Hühnchen? Sierra Hull wird auch nicht jünger, dafür aber hübscher. Ach ja, Mandoline spielen und singen kann sie ja auch noch. Easy Come, Easy Go heißt ihr neuester Streich, und auf dem offiziellen Video sieht man tatsächlich was Seltenes – einen Kapo auf der Mando, genauer gesagt: auf dem ersten Bund! Da wendet sich der Purist schreiend ab. Alle anderen, die schonmal einen Kapo zur Hilfe nehmen, fühlen sich jetzt aber in sehr guter Gesellschaft. Denn wie jeder weiß, spielt das Mädel mehr als ordentlich. Auch wenn manchem Sierras Musik etwas luschig in den Ohren säuselt. In diese Liga passt auch die neue Single. Die mit dem Kapo im ersten Bund. Das neue Album heißt übrigens Daybreak und lässt sich hier vorhören (auf Bombshell achten).

Die Flitsch in der Literatur

Schade, sehr schade. Jetzt wird der Süper Hans im WDR gefeiert, weil er am 15. März 75 Jahre alt wird. Offenbar aber hat noch niemand den Musiker, also den Mandolinenspieler Süper in den Fokus genommen. Alle schwärmen davon, was für ein toller Musiker der Mann ist, aber wer fragt da mal in die Tiefe? Ich hätte ja jetzt gern mal eine Dokumentation gesehen über seine Mandolinen, seine Art zu spielen, seinen musikalischen Background. Stattdessen nur Andeutungen. Stattdessen die 1397. Wiederholung der Ei-Sketsche. Ja, zugegeben, es wäre wohl zuviel verlangt, den Mann mal speziell als Mandolinenspieler zu beleuchten. Vielleicht wäre das ja auch die Aufgabe dieses Blogs?! Aber so leicht ist an den Mann nicht ranzukommen. Jedenfalls habe ich auch dieses Jahr wieder vergeblich versucht, seinen Stil irgendwie zu kopieren. Aber nichts hat wirklich so geklungen wie das Geflitsche vom Süper Häns. Er könnte ja mal in seiner spanischen Residenz ein Lehrbuch schreiben: The Hans Süper Mandolin Method. Ich würd´s kaufen. Bis dahin gibt´s seit Kurzem eine Biografie, geschrieben von Helmut Frangenberg, Redakteur des Kölner Stadt-Anzeigers: Hans Süper. Mein Leben mit der Flitsch. Das Buch enthält sogar eine CD und ist auch noch nach Aschermittwoch erhältlich.


Verlag: Kiepenheuer & Witsch, Preis: 17,99 Euro.