Auf großer Fahrt

Morgen ist es soweit: Das dritte Bluegrass Jamboree macht sich auf den Weg durch Deutschland, die Schweiz und Tschechien. Die Tour beginnt in der Offenburger Reithalle und endet am 18. Dezember im Albert-Einstein-Forum, Kaarst. Keine Ruhepause. Aber dafür diesmal vielleicht auch kein Schnee und kein Eis – es wäre Künstlern, Publikum und vor allem dem Busfahrer zu wünschen. Hinter ihm werden diesmal Platz nehmen: die Damen von Della Mae, die Herren Cahalen Morrison und Eli West sowie die Jungs von den Deadly Gentlemen (denen dürfte die Anweisung, während der Fahrt nicht mit dem Wagenführer zu sprechen, angesichts ihres Namens nicht schwerfallen). Persönlich freue ich mich wieder mal besonders auf das Tour-Tagebuch, diesmal via Facebook, und die dort hoffentlich zu verfolgenden Begegnungen der Amerikaner mit Glühwhyn, Whynachtsmarkt und whyhevoller Adventsstimmung. Alles zum Jamboree findet Ihr auf der bereits oben verlinkten Website.

Noch ein Tipp nebenbei für heute, 19 Uhr, ZDF Kultur: Bei der Later with …-Sendung von Jools Holland aus dem Jahr 2002 ist ein kleiner Auftritt von Nickel Creek zu sehen – jedenfalls wird er in der Programmvorschau angekündigt. Ach, der junge Chris …

 

Zwei Hälse unter Dope

Hätte ich mir ja gleich denken können, dass mein Traum einer Band mit zwei Mandolinen, deren Spieler sich synchron wie die beiden von Status Quo bewegen, vor langer Zeit schon Wirklichkeit geworden ist. Wobei an der Choreographie noch zu arbeiten wäre. Aber bei den ganzen Drogen, die 1970 auch in den Adern von Folkrockern wie Fairport Convention pulsten, darf einen gar nichts wundern. Man schaue nur mal auf die Laufzeit des untigen Videos – weit über acht Minuten! Unter LSD soll man ja jedes Zeitgefühl verlieren, was nicht nur bei den Grateful Dead zu beweisen war. Und der Klang der Instrumente! Von akustisch keine Rede! Allenfalls: psychedelisch-akustisch! Aber spaßig insgesamt. Der junge Richard Thompson beispielsweise ist unter seiner Mähne ja kaum zu entdecken. Ach, damals, der Sommer 1970 beim Maidstone-Festival. Wer erinnert sich nicht.

Den blauen Klee entdecken

Wie sang so schön der Engelbert Humperdinck: Please release me! Das gleiche Lied trällert derzeit die dritte CD unserer regionalen Bluegrassband des Vertrauens Covered Grass. DisCovered heißt das Album und wird an diesem Freitag im Rahmen einer großen Release-Party ab 20 Uhr präsentiert. Das Ganze findet statt im Ratssaal des Rathauses im oberbergischen Engelskirchen – ist also gut erreichbar für Rheinländer, westliche Sauerländer, südliche Ruhrgebietler und nördliche Westerwälder. Nicht zu vergessen die angeschlossenen Siegerländer. Auf disCovered werden erstmals eigene Stücke der Band zu finden sein. Aber nicht nur deshalb verspricht es ein interessanter Abend zu werden. Auf der Bühne stehen nicht nur die Protagonisten von Covered Grass, sondern zudem musikalische Gäste aus dem hohen und noch höheren Norden. Unter anderen hat sich die Irish-Folk-Truppe Josie White Revival Band aus Bremen angesagt: Wurzeln des Bluegrass, ick hör Euch trapsen! Der Eintritt kostet nix. Aber die CD was. Und wer auf das Cover blickt, wird sich fragen: Kann man diesen blauen Klee eigentlich auch rauchen?

Brent brennt

Wasn dasn fürn komisches Ding? Ne Mandoline? In echt jetz? Gips das? Weiß nich. Wer hattn die gemacht? Brian N. Dean? Kenninich. Haste ma n Link? Ahhh, danke. Wer spieltn sowatt? Joseph Brent? Kennchaunich. Machtn der sonsso? Spielt mit Jewel? Süß! Spielt Hans Werner Henze? Solln das sein? Und Quartett mit Astor Piazzolla? Ah so, mit seinem Quartett spielter Astor Piazzolla, ah so. Un mit Regina Spektor machters auch? Ich fasses nich. Kanner sich denn nich entscheiden oder wie? Un dann noch die komische Mando. Weiß nich. Joe Brent. Brennt Joe? Iss mir jetz zu anstrengend, echt jetz. Spiel ma lieber wat.

Zwei im Mandolinenfieber

Es gibt sehr gut klingende Mandolinen und miserabel klingende. Dann gibt es noch gute, die trotzdem schlecht klingen, weil es die Tontechnik nicht bringt. Oder weil der eingebaute Pickup Wünsche offen lässt. Entscheidet selbst, was hier bei Götz Alsmann der Fall ist. Er begleitet den englischen Jazzmusiker und Songschreiber Jamie Cullum beim Klassiker Georgia On My Mind und tremoliert, was das Zeug hält. Ein originelles Paar, die beiden. Zumindest. Immerhin, die Botschaft: Mando rules!

Avi bei der alten Tante

Manches bleibt, selbst in dieser wirren Welt. Dazu gehört die gute alte Tante Deutsche Grammophon. Dieses beruhigend altmodische gelbe Label! Natürlich ist die über 100 Jahre alte Gesellschaft längst in internationale Konzernstrukturen eingebunden, gehört unter das Dach von Universal Music. Trotzdem umgibt die DGG ein Hauch von Exklusivität und Anmut, von Konservativismus und guter alter Zeit. Was aber nicht heißt, dass nichts Neues passiert. Immerhin hat Sting bereits zwei CDs bei der Deutschen Grammophon veröffentlicht. Und in diesem Monat verkündete das Label eine Weltsensation: Es hat zum ersten Mal in seiner Geschichte einen Mandolinenspieler unter Vertrag genommen – den in Berlin lebenden Israeli Avi Avital! Über dessen Soloauftritt im Siegburger Stadtmuseum Mitte September haben wir hier berichtet. Sein erstes Album unter der altehrwürdigen Flagge wird eines mit Kompositionen von Johann Sebastian Bach sein, unter Begleitung der Kammerakademie Potsdam. DGG-Präsident Michael Lang lobt Avi Avital als einen „bemerkenswerten Virtuosen, der im traditionellen Repertoire seines Instruments vollkommen zu Hause ist, aber auch ein besonders kommunikativer Pionier Neuer Musik“. Der Meister freut sich logischerweise über den Vertragsabschluss und verspricht, traditionelle und zeitgenössische Mandolinenmusik rund um die Welt zu tragen. Mach et, Avi!

Die beiden haben´s geschafft

Das Königreich von Mandowar

Natürlich, Hayseed Dixie haben vorgemacht, wie es geht: Rockklassiker ins Bluegrass-Gewand kleiden. Was selbstverständlich nicht heißt, dass sich nicht auch andere ein bisschen Spaß machen dürfen. Erst recht nicht, wenn diese Anderen einen erstklassigen Bandnamen tragen. Die Rede ist von Mandowar aus dem hessischen Wetzlar. Einigen wirds dämmern: War da nicht mal was mit Manowar? Und ob: Die Herren regieren das Kingdom of Steel. Und über welches Reich herrschen die drei von Mandowar? Eines, in dem zumindest Mandoline, Bass und Gitarre Platz finden, die Metal-Klassiker wie Hell´s Bells, Rosalie oder Ace of Spades neu interpretieren. Hübsch beispielsweise die Idee, Hell´s Bells statt mit fetter Glocke mit drei Piepsern einer Hotel-Rezeptionsklingel einzubimmeln. Auf Youtube gibt´s ein paar Beispiele unbewegter Art – zu denen auch dieser Thin-Lizzy-Liebling unten gehört. Die Mandoline spielt übrigens Tom Launhardt, Gitarrenbauer aus Ehringshausen nahe Wetzlar. Sehr beruhigend: Auf der Bühne lässt er wahrscheinlich den Wilden raus – dann hat er in der Werkstatt die ruhige Hand für feine Arbeit. Wirklich sehr beruhigend.

Katzenjammer am Volkstrauertag

Langsam beginne ich zu verstehen, dass derzeit nicht England den schärfsten Pop hervorbringt, sondern die skandinavischen Länder, insbesondere Norwegen. Natürlich unter besonderer Berücksichtigung unserer Mandolinen-Vorlieben. Da passt Marit Larsen sowieso rein, aber eben auch Katzenjammer. Gestern abend war ein Konzert mit den vier Mädels aus der Tonträger-Reihe auf ZDF Kultur zu sehen – ein Heidenspaß, wenn man das am Sonntag schreiben darf. Noch dazu am Totensonntag. Leider fehlt das Konzert in der ZDF Mediathek. Was die Band da veranstaltete, war lustig, musikalisch und eine merkwürdige Mischung aus fast allem, was mir in meinem musikalischen Leben so begegnet ist: Punk, Folk, Bluegrass, Pop, Rock, Chanson usw. usf. Mal klingen sie wie weibliche Ramones, dann wie entschlackte Nits. Man höre sich auch mal an, was sie aus Genesis Land Of Confusion gemacht haben. Da kann man so richtig stolz sein, Europäer zu sein und den Amis mal sowas vorsetzen zu können. Sonst sind die ja eher für die lockeren Musikmischungen bekannt. Na, mal sehen, ob Katzenjammer noch zum ganz großen Ding werden. Das hier Anfang Oktober bereits vorgestellte Nummer I Will Dance geht jedenfalls ziemlich ins Ohr. Und Rock-Paper-Scissors wird ab sofort auch im Programm vom Doppelstopp-Radio laufen. Was in den diversen Social-Media-Formaten so über Katzenjammer zu finden ist, hab ich mal – zunächst versuchsweise – in einer kleinen storify-Geschichte zusammengestellt.


Geballte Mando-Pop-Kompetenz beim norwegischen Kronprinzenpaar: Marit und Katzenjammer sind auch dabei

Komiker und Scheuermittel

Komiker sind manchmal zu mehr zu gebrauchen als nur zum Spaß machen. Vor allem, wenn sie eigene Fernsehshows haben. Stephen Colbert gehört dazu. Er hat eine Show auf Comedy Central, in der er auch Musik präsentiert. Sogar anspruchsvolle Musik wie die vom Goat Rodeo, über die hier kürzlich zu lesen war. Auf Colberts Website sind drei Schnipselchen der Herren Ma, Duncan, Meyer und Thile zu hören, darunter auch der Song Atta Boy – also jenes Stück über einen armen Jungen, der seinen Lebensunterhalt mit dem Einsatz scharfer Scheuermittel bestreitet. Hier mehr davon.

Die spontanen Vier

Wo man fröhlich mandoliniert, da lass Dich ruhig nieder – sagten sich offenbar auch einige Mandolinenspieler bei der diesjährigen IBMA-Tradeshow in Nashville am Stand von Northfield Instruments. Da wollten die Herren Adam Steffey und Martino Coppo offenbar in aller Ruhe die neuesten Modelle des Herstellers ausprobieren, und schon waren sie umringt von weiteren Fetischisten der süßen Achtsaiter: Sterling Abernathy und Emory Lester gesellten sich zu der fröhlichen Runde in dem Hotelzimmer. Und Peter Bagale von Northfield, gar nicht dumm, schaltete sogleich sein Aufnahmegerät ein und schnitt die Session mit. Jetzt dürfen wir alle Ohrenzeugen werden, denn die Firma bietet fünf Songs zum freien Herunterladen an – hier geht es lang. Dient natürlich vor allem dem Wohl von Northfield, aber bitte: Wenn man gute Instrumente baut, darf man damit auch angeben.


Die Herren Steffey, Coppo, Lester, Abernathy (v. l.)