Von der Kirche ins Büro

Manch einer mag sie aus den Augen verloren haben, die Cowboy Junkies aus Kanada. Seit 26 Jahren sind sie mittlerweile im Geschäft, vor 24 Jahren erschien ihr legendäres Album The Trinity Session, aufgenommen mit nur einem Mikrofon in einer Kirche in Toronto. Damals setzten sie Maßstäbe in der Kunst des leise Spielens. Und mehr als ein Mikrofon war auch am 26. April nicht nötig, als sie ihr Tiny Desk Concert bei NPR bestritten haben – allerdings dürfte der Raum einen Hauch kleiner als damals gewesen sein. Wie schön, dass zu den drei Songs der 15 Minuten Dauer auch Misguided Angel gehört, einer der Höhepunkte des Trinity-Albums: natürlich mit Mandoline, einer abgewetzten, angenehm klingenden Gibson-F4. Zum Genuss bitte hier lang.

Das aktuelle Album

Levons Finale

Am 26. Mai wäre er 72 Jahre alt geworden: Levon Helm, früher Schlagzeuger der Band, aber auch unterwegs als Mandolinenspieler. Am 19. April ist der Musiker aus Woodstock/New York gestorben, friedlich im Kreis der Familie, der Freunde und Bandkollegen, wie es auf seiner Website heißt. Seine letzten Alben, Electric Dirt und Ramble at the Ryman, haben große Aufmerksamkeit erzeugt und Preise eingeheimst. Letzteres wurde mit einem 2011er-Grammy ausgezeichnet, in der Kategorie Best Americana Album, ein Siegel, das Electric Dirt ein Jahr zuvor verliehen worden war. Und auch sein erstes Solo-Album seit 25 Jahren, Dirt Farmer, erhielt einen Grammy: 2008 als Best Traditional Folk Album. Er hat sich also zum Finale seines Lebens als erfolgreicher Solokünstler etabliert. Von Levon Helm war in diesem Blog öfters die Rede, zum Beispiel hier. Auf Facebook hat er aktuell 103.000 Fans, nicht schlecht für einen Musik-Opa. Und hier spielt er nochmal die Mandoline für uns:

Schlauer Teppichleger

Noch ist er längst keine 30 Jahre alt, aber der 1986 geborene Musiker Peter Tickell hat schon namhafte Kollaborationen hinter sich. Die prominenteste Zusammenarbeit dürfte die mit Sting sein, er spielte auf dessen Album If On A Winter´s Night mit und war auch bei der Live-Aufführung in der Durham Cathedral dabei. Peter Tickell beherrscht eine Menge Instrumente, fällt allerdings vor allem als Geiger auf. Und wie so viele Fiddler kann er´s auch mit den Instrumenten der Mandolinenfamilie. Der Ausschnitt unten zeigt den Mann aus Newcastle mit Sting an seiner Fylde-Oktavmandoline. Man sieht ihn schwer arbeiten, der Arm bewegt sich rege. Und doch – obwohl Ostern vorbei ist – möchte ich dazu aufrufen, die OM im Mix aufzuspüren. Mit meinen PC-Lautsprechern ist es mir seriös nicht gelungen. Möglicherweise aber verhält es sich wie so oft auch bei akustischen Gitarren, die einen Teppich legen: Sie fallen erst dann auf, wenn sie nicht spielen.

Fylde-Kopf Roger Bucknall erzählt übrigens, dass ihm Stings Hund mal auf die Schuhe gepieselt habe. Das korrigiert er aber gleich im nächsten Satz, wo er erwähnt, dass es in Wirklichkeit der Hund der Schwester von Stings Frau gewesen ist – also der von Stings Schwägerin. Aber das, so ergänzt Bucknall ganz richtig, klingt längst nicht so gut.

Augen auf beim Mando-Kauf

Sehr löblich, was das Mandolin Café da zusammengestellt hat – einen Ratgeber zum Kauf von alten Mandolinen, die weniger als 1000 Dollar kosten sollen. Tipps aus der Praxis geben Musiker wie David Grisman, Mike Marshall und Rich DelGrosso, Instrumentenbauer Lynn Dudenbostel und Kenner des Fachs wie Bill Graham, Dan Beimborn, Stan Werbin (von Elderly Instruments) und Ted Eschliman von der Jazzfraktion. Zudem gibt Roger Siminoff Hinweise, auf was man beim Kauf eines Gebrauchtwage … äh einer alten Mandoline achten sollte. Nun dürften hierzulande Vintage-Mandos recht selten auftauchen, aber für die Jagd im Internet via Ebay oder über andere Kanäle können diese Hinweise auf keinen Fall schaden. Hier gibt es das gesamte Wissen.

Schlimm oder doch nicht so?
(Foto: Roger Siminoff)

Abschied von John McGann

Hierzulande war er wohl bekannter als Lehrer denn als Musiker. Er hat eine Menge dazu beigetragen, dass Instrumente wie Mandoline, Oktavmandoline und Bouzouki gelehrt und gelernt werden können – durch Bücher, DVDs, seine Website. Am 6. April ist John McGann gestorben. Er war Professor am Bostoner Berklee College of Music, jener Talentschmiede, die in den vergangenen Jahren immer wieder neue interessante Künstler hervorgebracht hat. Beispielsweise hat Sierra Hull bei ihm studiert. Er war einer der begabtesten Mandolinenspieler und Musiker, die ich jemals getroffen habe, würdigt sie John McGann via Bluegrass Today. Die Szene in Boston hat einen großen Lehrer verloren. Was dort und hier bleibt, sind seine Unterrichtsmaterialien und seine Musik.

1959-2012 (Foto: Bluegrass Today)

Alles schwarz

Egal ist 88, lautet eine Redewendung. Den Bluegrassfreunden wird es aber gar nicht egal gewesen sein, als Banjo-Legende Earl Scruggs am 28. März im Alter von 88 Jahren gestorben ist. Nachrufe waren sogar in Deutschland zu lesen, in großen wie in kleinen Zeitungen. Und in der Online-Ausgabe der österreichischen Zeitung Der Standard sehe ich mit Freuden, dass auf Youtube jetzt der anderthalbstündige Dokumentarfilm über Earl Scruggs namens His Family And Friends zu sehen ist, in voller Länge. Die Doku stammt von 1972 und zeigt den Musiker in einer Umbruchphase. Doch was den Österreichern offen steht, bleibt uns Deutschen verschlossen: Denn nach dem Klick auf den Play-Button erscheint mal wieder das nur zu bekannte Sprüchlein, von wegen Gema, und dass der Film Material von Sony Music Entertainment enthält. Essig also. Bleibt erstmal nur die Erläuterungen zum Film zu lesen und ihn sich anderweitig zugänglich zu machen. Wäre schön, wenn sich mal bald Youtube und die Gema umfassend einigen könnten.

Völlig gaga oder doch nicht?

Kurz gestutzt hab ich ja doch, als ich das gelesen habe. Sooo unwahrscheinlich ist das auch wieder nicht, was das Mandolin Café da gestern als Aprilscherz verbreitet hat: eine neue Mandolinen-CD, ein Allstar-Tribute-Album mit den Songs von Lady Gaga. Alle sollten dabei sein, die Bandbreite reichte von Bobby Osborne bis Don Stiernberg! Mike Marshall und Caterina Lichtenberg standen mit dem pikanten Titel Love Game auf der Tracklist. Künstler wie Chris Thile und Matt Flinner sollten der Künstlerin und deren Einfluss auf die zeitgenössische akustische Saitenmusik huldigen. Sogar der Link zu Elderly war gesetzt und funktionierte! Also ein perfekter Aprilscherz. Nur das Label hat die Sache unglaubwürdig gemacht: Sony Music. Aber was, wenn es doch kein Scherz war? Schließlich hat Adele angekündigt, ein Album im Bluegrass-Stil zu veröffentlichen. Mea culpa.